Tolles Spiel: Reiß, Krautz, Lercher, Rossi und Rast.

Foto: Manninger

Graz - Ihre Augen funkeln, wenn die 88-jährige Milli Deutsch auf einer Leinwand erzählt, was sie als junges Mädchen im Krieg gemacht hat. In Eisenerz, wo Zwangsarbeiter am Erzberg für die Nazi-Kriegsindustrie schufteten. In Eisenerz, wo im April 1945 der "Todesmarsch" hunderter Juden begann. In Eisenerz, wo ein KZ-Außenlager von Mauthausen stand. In dieser obersteirischen Stadt versteckte die schwangere Krankenschwester Milli Deutsch die ehemalige Schulfreundin und Widerstandskämpferin Mitzi Pölzl und deren Mitkämpfer Franz Lindmoser und Anton Wagner eineinhalb Jahre lang.

Deutsch erzählte ihre atemberaubende Geschichte dem Schriftsteller Franzobel, und dieser baute daraus das wenig atemberaubende Stück "Prinzessin Eisenherz", das nun in Graz uraufgeführt wurde. Regisseur Georg Schmiedleitner blieb nah am Text, doch dieser lässt viele Fragen offen, während er keinen Witz auslässt. "Der Witz ist die beste Waffe gegen die Nazis. Das Dritte Reich ist witzlos - obwohl es lauter Witzfiguren sind" , sagt Lindmoser alias Lipp im Stück. Das mag stimmen. Franzobels stark überzeichneten Witzfiguren, denen fast zwanghaft Nestroy'sche bis Schwab'sche Formulierungen in den Mund gestopft wurde, sind aber stumpfe Waffen.

Milli (Verena Lercher) darf als Einzige menschliche Züge tragen. Der Rest des Ensembles hat es schwerer: Millis Schwiegereltern (Sebastian Reiß und Seraphine Rastl) sind Deix-Figuren im Trachtenlook. Ihre Mitläuferseelen werden ebenso wenig seziert wie jene von Krankenschwester Kuppi. Als diese muss sich Steffi Krautz schwanger und breit berlinernd bei Milli einfinden, weil sie Unterschlupf vor den Bomben der Alliierten sucht. Wie ihr "jut" ausgesprochenes "gut" auf die antisemitischen Schwiegereltern trifft, ist nur einer von vielen schlechten Witzen, der ganze Szenen in den Slapstick abrutschen lässt.

Ebenso bleibt die von Thomas Frank lässig gemeisterte Doppelrolle des Ortsgruppenleiters und der Fascho-Hebamme dort, wo sie hingeschrieben wurde: in der billigen Parodie. Die versteckten Widerstandskämpfer (Susanne Weber, Gerhard Liebmann und Alexander Rossi) werden teils wie abenteuerlustige Banditen gezeichnet, weil sie nicht wie Milli "politisch wie ein Gugelhupf" sind, sondern überzeugte Kommunisten. Die echten Kämpfer der Österreichischen Freiheitsfront haben kaum Pate gestanden, wenn Franzobel Lipp sagen lässt: "Manchmal glaub ich, es ist reiner Zufall, ob man Nazi oder Kommunist wird."

Der Abend bleibt eine Würdigung für eine mutige Frau - mit tollen Schauspielern und einem Bühnenbild (Stefan Brandtmayr), das durch Wechsel zwischen lebensgroßem Raum und Puppenhaus Perspektivenspiele erlaubt, die im Text fehlen. Und die Augen der Milli Deutsch funkelten, als sie Scheinwerfer im Publikum fanden und sie Standing Ovations bekam. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD/Printausgabe, 24.03.2009)