Wien - Oliver Bandt ist motiviert. Hochmotiviert. So motiviert, dass es geradezu heraussprudelt aus dem Mittdreißiger. Wie vielseitig anwendbar die zur Bürgerkarte aufgeladene E-Card ist, wie sicher die Technologie, wie einfach die Handhabung.

Bandt steht derzeit hauptberuflich in der Aula der Uni Wien und aktiviert. Das heißt: Er verwandelt die für den Arztbesuch notwendige E-Card in eine für elektronische Amtswege nutzbare "Bürgerkarte" . Das nötige Kartenlesegerät gibt es als Bonus gleich dazu. Das Hauptinteresse von Bandts Auftragsgeber, dem Wissenschaftsministerium, ist bei diesem kostenfreien "Upgrade" freilich ganz konkret: "Aktivierte" Studenten sollen bei der im Juni anstehenden Wahl der Hochschülerschaft (ÖH) erstmals online wählen. Rund 4500 von ihnen gibt es angeblich bereits.

Serverabsturz & Hackattacken

Lothar Kottnig gehört nicht dazu. Noch nicht. Anders als viele Kritiker des E-Voting-Probelaufes, steht der Germanistik- und Philosophiestudent dem Wählen per Mausklick skeptisch, aber doch pragmatisch gegenüber: "Ich überlege mir, online zu wählen, weil ich zur Wahl nicht da bin." Für die 19-jährige Stefanie Sladek steht hingegen fest: Sie wird ihr Kreuz auf dem Papier machen, denn: "Da kann so viel falschlaufen."
Aber wie läuft das bei der ÖH-Wahl zum Einsatz kommende E-Voting-System überhaupt? Anders als bei dem zuletzt durch den Deutschen Verfassungsgerichtshof in Bedrängnis geratenen Wahlcomputer können die Studierenden ihre Stimme statt in der Wahlzelle in ihren privaten Rechner eintippen. Mittels zweier PIN-Codes gesichert, treffen die Daten nach der Stimmabgabe im Bundesrechenzentrum im dritten Wiener Gemeindebezirk ein. Bis zum letzten Tag der- ebenfalls möglichen - Papierwahl bleiben die Daten dort verschlossen, werden dann anonymisiert, durchmischt und letztlich ausgezählt.

Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) ist ob dieser technischen Möglichkeiten begeistert. Während er bereits von der studentischen Avantgarde in Sachen E-Voting träumt, wird Juristen vom Verfassungsgerichtshofspräsidenten abwärts aber ziemlich übel. Und dass das Thema die Höchstrichter beschäftigen wird, damit rechnen selbst die am Wahlablauf beteiligten Personen.
Auch Bernhard Varga ist sich "völlig unsicher, was da rauskommt" . Der Leiter der Wahlkommission ist keiner aus der Fraktion Computerfreak. Bis vor kurzem hatte er nicht einmal ein Mobiltelefon. Eines steht für ihn aber fest: E-Voting, wie es jetzt bei den Hochschülerschaftswahlen zum Einsatz kommt, ist sicher. Sollte es dennoch zu Schwierigkeiten kommen, liegt es an Varga, die Wahl zu unterbrechen oder gar abzubrechen.
Wer bis dahin bereits online gewählt hat, müsste sich in diesem Fall doch noch physisch ins Wahllokal begeben. Ein Szenario hierfür: wenn etwa an einem Institut weniger als drei Studierende per Computer ihre Stimme abgeben. In diesem Fall bestünde "die Gefahr der Nachvollziehbarkeit" , die Betroffenen müssten auf dem Papier noch einmal ihren Wählerwillen kundtun. Szenario zwei: Serverabsturz - erste Pannen hat es angeblich bei einer Testwahl an der Wirtschaftsuniversität Wien vergangene Woche gegeben. Szenario drei: eine erfolgreiche Hackintervention. Die gilt unter den Experten des Wissenschaftsministeriums aber als nahezu ausgeschlossen.
Manipulationsversuche von Innen sollen mittels Zertifizierung der Wahlsoftware durch das Zentrum für sichere Informationstechnologie (A-Sit) verhindert werden. Christian Albert, Leiter der Wahlkommission an der Uni Wien, greift zu einem Vergleich: "Genau so, wie ein Richter sich auf einen Sachverständigen verlassen muss, müssen wir uns auf die EDV-Techniker verlassen." Seiner Vorgängerin, der Verfassungsrechtlerin Gerda Marx, war genau das zu heikel: Sie quittierte ihren Job aus Sicherheitsbedenken. (Karin Moser/DER STANDARD-Printausgabe, 23. März 2009)