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Der Wiener Altbürgermeister Helmut Zilk soll laut "Profil"  für die CSSR spioniert haben.

Foto: apa/GUENTER R. ARTINGER

Wien- Die seit über zehn Jahren bekannten Spionage-Vorwürfe gegen den im Oktober 2008 verstorbenen Wiener Altbürgermeister Helmut Zilk verdichten sich möglicherweise. Das Nachrichtenmagazin "profil" berichtet in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe über von Zilk unterschriebene Quittungen, die beweisen sollen, dass der damalige TV-Journalist zwischen Dezember 1965 und Juni 1968 unter dem Decknamen "Holec" gegen Bezahlung Spitzeldienste für den Geheimdienst der damals kommunistischen Tschechoslowakei (CSSR) geleistet habe.

Honorar für "Holec"

Zilk habe demnach ein Honorar erhalten, das nach heutiger Kaufkraft rund 30.000 Euro ausmachte. Den ersten Beleg habe Zilk noch mit seinem eigenen Namen unterschrieben, heißt es in dem Bericht. In Folge unterzeichnete er laut "profil" mit "Johann Maiz", einem von ihm selbst gewählten Tarnnamen. Die CSSR-Staatssicherheit führte ihn unter dem Namen "Holec", schreibt das Magazin. Erst als die Zusammenarbeit zu Ende ging, sei in den Akten wieder der Name "Helmut Zik" verwendet worden.

Ähnliche Berichte hatte es kürzlich in der tschechischen Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" gegeben. Sie schrieb, Zilk habe für seine Kontakte mit dem früheren tschechoslowakischen kommunistischen Geheimdiensts (StB) in dem genannten Zeitraum 55.000 Schilling sowie 13.000 tschechoslowakische Kronen erhalten. Die Zeitung berief sich auf StB-Akten.

Laut "Mlada fronta Dnes" soll Zilk "nicht Zuträger im wahrsten Sinne des Wortes" gewesen sein. Er habe als damaliger Mitarbeiter und späterer Programmdirektor des ORF der kommunistischen Spionage keine Informationen gegeben, aufgrund derer jemand ins Gefängnis habe gehen müssen. Aber Zilk habe den Dienst mit Informationen aus der österreichischen Politszene und des öffentlichen Lebens versorgt.

Treffen in Restaurants

Die Kontakte hätten sich in Form von Treffen in Restaurants oder Cafes mit einem StB-Mitarbeiter abgespielt, der als verdeckter Diplomat gearbeitet habe. Die angebliche Zusammenarbeit Zilks mit dem StB sei nach dem Prager Frühling 1968 beendet worden, weil der tschechoslowakische Spion Ladislav Bittmann in den Westen geflohen sei und für die USA gearbeitet habe. Bittmann habe alle seine Kontakte, einschließlich jene zu Zilk, an die Amerikaner verraten. Bittmann hatte 1998 öffentlich dementiert, dass Zilk ein bezahlter Spion des tschechoslowakischen Geheimdienstes gewesen sei. Zilk habe auch nicht gewusst, das er, Bittmann, für den Geheimdienst gearbeitet habe.

Laut "profil" erhielt Zilk auch Geschenke, etwa einen Luster aus böhmischem Bleikristall. Dem CSSR-Geheimdienst lieferte Zilk dem Artikel zufolge Informationen aus dem inneren Kreis der SPÖ, zur Außenpolitik der neuen ÖVP-Alleinregierung und zur österreichischen Haltung in der Frage der Restitution der Altösterreicher. Auch nachdem er im März 1967 ORF-Fernsehdirektor geworden war, habe Zilk seine Kooperation mit dem Geheimdienst fortgesetzt.

Nach der Okkupation der CSSR durch den Warschauer Pakt im August 1968 setzten sich laut "profil" drei Führungsoffiziere, die mit dem späteren Wiener Bürgermeister und Unterrichtsminister im Kontakt gestanden waren, in den Westen ab. Die österreichische Staatspolizei wurde demnach vom US-Geheimdienst CIA über die Spitzeltätigkeit informiert und vernahm Zilk dazu.

"profil" zitiert in diesem Zusammenhang Quellen aus dem Innenministerium mit der Aussage, dass der entsprechende Akt nicht auffindbar sei. Ministeriumssprecher Rudolf Gollia sagte dazu am Wochenende gegenüber der APA: "Ich weiß nicht, wer das gesagt hat." Die Behauptung, dass es eine entsprechende Niederschrift gegeben habe, sei derzeit nicht nachvollziehbar oder rekonstruierbar. Möglicherweise könne ein Blick in das Österreichische Staatsarchiv zur Aufklärung beitragen. Derzeit werde aber abgewartet, ob der "tschechischen Seite etwas vorliegt". Es müsse jedoch auch die Frage geklärt werden, inwieweit Interesse an dem Fall vorhanden sei. Schließlich liege er schon 40 Jahre zurück. Zudem sei Zilk verstorben.

"Vielleicht haben wir ihn verletzt"

1998 hatten die Anschuldigungen dazu geführt, dass der damalige tschechische Staatspräsident Vaclav Havel entgegen ursprünglichen Planungen Zilk keinen Staatsorden verliehen hatte. Später entschuldigte sich Havel im "Namen der Tschechen" für die Spionagevorwürfe. Beim Trauerfestakt für Zilk im November 2008 sagte Havel: "Vielleicht haben wir ihm aufgrund unserer Unkenntnis auch Unrecht getan, vielleicht haben wir ihn verletzt." Vor elf Jahren hatte auch der damalige tschechische Botschafter in Österreich, Jiri Grusa, die Anschuldigungen als "ungerechtfertigt und unbewiesen" bezeichnet. (APA)