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Die Polizei sperrte den Tatort in der Eßlinggasse ab.

Foto: APA/NEUBAUER

Wien - Unerwiderte Liebe hat zu dem Mord mit anschließendem Selbstmord am späten Freitagabend in der Wiener Innenstadt geführt. Bei der Bluttat erschoss in den Räumlichkeiten der Österreichischen Autistenhilfe (ÖAH) in der Eßlinggasse 17 ein 29-jähriges Mitglied einer Autisten-Selbsthilfegruppe eine 24-jährige Studentin und danach sich selbst. Offenbar hatte sie seine Liebe zu ihm nicht erwidert, wie ÖAH-Vizepräsidentin Ruth Renee Kurz am Samstagvormittag schilderte. Polizeisprecherin Iris Seper bestätigte diese Version am Nachmittag.

Gegen 19.00 Uhr hatte sich die Gruppe, drei Männer und zwei Frauen, wie jeden Freitag im Therapiezentrum der ÖAH versammelt, so Polizeisprecherin Iris Seper. "Es war eine komplett autarke Gruppe. Sie haben sogar miteinander gekocht. Die ÖAH hat ihnen die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt", so Kurz.

Karabiner und  Leuchtpistole

Der 29-jährige Mann dürfte etwa gegen 21.00 Uhr die Gruppe verlassen und eine halbe Stunde später zurückgekehrt sein. Diesmal war er maskiert und mit einem Karabiner sowie einer Leuchtpistole bewaffnet. Er schoss mit dem Gewehr mehrfach auf die 24-Jährige, die in einem Wiener Studentenheim lebte. Die anderen Gruppenmitglieder brachten sich schwer geschockt in Sicherheit. Dann tötete er sich selbst in einem Nebenraum. Seper: "Es deutet alles darauf hin, dass es sich um eine Beziehungstat gehandelt hat."

Einige der noch offenen Fragen wurden am Samstag geklärt, etwa die Herkunft der Waffen: Seper zufolge dürfte der bei seinem Vater in Ottakring wohnende Täter sie selbst gekauft haben. Für die Waffen ist keine Berechtigungskarte erforderlich.

Fraglich ist, was den 29-Jährigen zu der Tat getrieben hat. Gerade bei Autisten seien solche Handlungen sehr ungewöhnlich, so Kurz: "Normalerweise ist es so, dass Autisten, wenn sie überhaupt zu Aggressionen neigen, diese eher gegen sich selbst richten. Gerade diese Kinder brauchen besonders viel Liebe, weil sie so übersensibel sind, viel sensibler als wir alle." Der ÖAH-Vizepräsidentin zufolge hat der Täter vor kurzem eine Bezugsperson durch Todesfall verloren, was seine Situation zusätzlich schwierig gemacht haben könnte.

Augenzeugen werden einvernommen

Durch die Einvernahmen der drei Augenzeugen erhofft sich die Polizei nähere Aufschlüsse. Sie sollten auch am Samstagnachmittag aufgenommen und am Sonntag fortgesetzt werden. Ob der Zustand der drei längere Befragungen erlaubt, war aber zunächst offen. Wegen ihres schweren Schocks mussten sie betreut werden.

Unter Autismus sind primär Wahrnehmungsverarbeitungsstörungen zu verstehen, die dem Betroffenen massive Probleme bei der Verarbeitung von Umweltreizen bereiten. So beantwortet die Österreichische Autistenhilfe (ÖAH) die Frage "Was ist Autismus?" auf ihrer Homepage. In zweiter Linie gehe es dabei um eine soziale Störung. Betroffen sind in Österreich rund 70.000 Menschen. Die Störung äußert sich hauptsächlich durch eine Beeinträchtigung der Beziehungs- und Kommunikationsfähigkeit. Darüber hinaus sind motorische, kognitive und affektive Funktionen betroffen. (APA)