Das Internet-Handelsportal Amazon plant, seinen MP3-Downloadservice in Deutschland verfügbar zu machen. Damit bekommt Apples Marktführer-Plattform iTunes einen weiteren deutschsprachigen Konkurrenten. Wie die Financial Times Deutschland unter Berufung auf informierte Kreise berichtet, soll der Amazon-Dienst bereits in den Startlöchern stehen und innerhalb der kommenden drei Wochen verfügbar sein. Den Plänen des Webkaufhauses zufolge werde ein Termin noch vor Ostern angepeilt. Während Amazon in den USA bereits seit über einem Jahr MP3s über einen eigenen Shop vertreibt, wäre der Start in Deutschland von einem eng besetzten Markt gekennzeichnet. Neben iTunes und einigen kleineren Anbietern zählen etwa die Deutsche-Telekom-Tochter Musicload oder 7digital zu den etablierten Playern. Allerdings konnte sich Amazon auch in den USA binnen eines Jahres - wenngleich mit deutlichem Abstand - hinter iTunes auf Platz zwei im Markt für digitale Musikdownloads katapultieren.

Zukunft

"Die Zukunft der Musikindustrie liegt im digitalen Geschäft. Je größer das Angebot an Services wie iTunes, Amazon oder Musicload, desto interessanter ist der Markt für den Verbraucher und den Digitalmarkt der Musikindustrie", meint Daniel Knöll, Sprecher des Bundesverbands Musikindustrie, im Gespräch mit pressetext. Amazon habe im Wettstreit mit anderen Playern in Deutschland durchaus berechtigte Chancen und wird sicherlich frischen Wind in den Digitalmarkt bringen. Der Anteil des digitalen Geschäfts der gesamten Musikbranche liegt dem Verband zufolge bisher jedoch erst bei sieben Prozent, konnte sich aber im letzen Jahr um 34 Prozent steigern und liegt somit im europäischen Durchschnitt. "Wir werden uns bestimmt nicht von der CD verabschieden. Ihr Marktanteil liegt nach wie vor bei über 80 Prozent", erklärt Knöll. Gegenüber iTunes verfügt Amazon dabei über den entscheidenden Vorteil, auch dieses Segment des Musikmarktes zu bedienen. Während der Branchen-Gesamtumsatz im vergangenen Jahr erneut gesunken ist und mit 1,58 Mrd. Euro das zehnte Minus in Folge aufweist, ist die Anzahl illegaler Downloads wieder geklettert.

Weniger Zivilverfahren wegen Urheberrechtsverletzungen

"Im Vorjahr wurden weniger Zivilverfahren wegen Urheberrechtsverletzungen eingeleitet, was dazu führte, dass die Zahl der illegalen Downloads wieder stieg. Die Einführung der Bagatellgrenze durch die Staatsanwaltschaften im Sommer letzen Jahres hat ihren Beitrag dazu geleistet. Das war ein völlig falsches Signal an die Verbraucher", so der Experte. Daher sei in diesem Jahr wieder mit einer höheren Zahl an Anzeigen zu rechnen. "Zwischen digitalem und physischem Diebstahl darf nicht unterschieden werden", betont Knöll gegenüber pressetext. Neben der Musikindustrie dürfte der angekündigte stärkere Druck auf Filesharer auch den Anbietern von legalen Musikdownloads wie Amazon zugute kommen. "Sich Musik legal über derartige Angebote zu besorgen, sollte ohnehin der normale Weg des Konsumenten sein. Darüber ist eigentlich nicht zu diskutieren", so Knöll.

Von Amazon wurde der mögliche Marktstart eines Deutschland-MP3-Shops bisher nicht kommentiert. Wie stark umkämpft der digitale Musikmarkt ist, zeigen auch die Pläne des Handy-Weltmarktführers Nokia, den Abodienst Comes with Music in Deutschland zu etablieren. Dagegen rüsten wiederum die Mobilfunkanbieter T-Mobile und Vodafone, die ihrerseits die Einführung von Musik-Abomodellen erwägen. Dabei sei etwa denkbar, dass Kunden zeitlich befristet kostenlos auf den Musik-Katalog der Anbieter zugreifen können und lediglich für die Datenübertragung zahlen oder Musikpakete gegen eine monatliche Gebühr beziehen. Während die Musikindustrie durch derartige Modelle und legale Downloads auf eine Ankurbelung des angeschlagenen Geschäfts hofft, dürften die Musikfans schlussendlich die größten Nutznießer aus den Marktbewegungen sein. (pte)