Lehrer sollten das Spielen solcher Gewaltspiele während der Pausen und in Freizeiten während der Unterrichtszeit nicht tolerieren.

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Der Amoklauf von Winnenden hat wieder einmal den Einfluss von Video- und Computerspielen mit brutalem Inhalt in Diskussion gebracht. Zwei Studien von Wiener Bildungspsychologinnen unter der Leitung von Christiane Spiel zeigen nun, dass Jugendliche, die sich mit gewalthaltigen Video- und Computerspiele beschäftigen, deutlich häufiger aggressives Verhalten an den Tag legen als jene, die sich gewaltfreien Spielen widmen. Die Wissenschafterinnen sprechen sich deshalb für "Null Toleranz für Gewaltspielkonsum" aus: "Gewalthaltige Spiele schaden und sollten von Kindern und Jugendlichen ferngehalten werden."

Studie

Eva-Maria Schiller, Dagmar Strohmeier und Christiane Spiel von der Fakultät für Psychologie der Universität Wien haben im Rahmen ihres Forschungsschwerpunkts "Gewalt und Gewaltprävention in Schulen" den Video- und Computerspielkonsum, Spielmotive sowie verschiedene Aggressionsformen bei zwölf- und 16-jährigen Gymnasiasten (173 Buben, 214 Mädchen) untersucht. Dabei zeigte sich, dass mehrheitlich sowohl die Zwölfjährigen (98,6 Prozent der Buben und 87,3 Prozent der Mädchen) als auch die 16-Jährigen (98 Prozent der Buben und 64,7 Prozent der Mädchen) mit Computer bzw. Videokonsole spielen.

Bei den Zwölfjährigen gaben noch etwa drei Viertel der Burschen und Mädchen an, sich weniger als eine halbe Stunde oder zwischen einer halben und einer Stunde pro Tag Computerspielen zu widmen. Bei den 16-Jährigen verbringen 85 Prozent der Mädchen, aber nur 30 Prozent der Buben weniger als eine halbe Stunde am Tag mit Computerspielen. Länger als zwei Stunden spielen dagegen 19 Prozent der Burschen, aber kein einziges Mädchen. Bei den Motiven überwiegt bei den Mädchen die Spielfreude ("Ich spiele dann, wenn es mir Spaß macht"), während bei Burschen Leistung ("Ich spiele dann, wenn ich etwas gewinnen mag") im Vordergrund steht.

Vor allem Burschen

Als auffallend hoch werten die Wissenschafterinnen den Anteil von Burschen, die brutale Video- und Computerspiele spielen: Bei den Zwölfjährigen sind das 28 Prozent, bei den 16-Jährigen sogar 60 Prozent. Dagegen spielen bei den Mädchen nur zehn Prozent der Zwölfjährigen und neun Prozent der 16-Jährigen derartige Spiele.

Jene Kinder, die sich mit gewalthaltigen Spielen beschäftigen, legten deutlich häufiger Aggression an den Tag als jene, die gemäßigt gewalthaltige bzw. gewaltfreie Spiele spielten. Das gilt für reaktive ("Wenn mir jemand droht, dann drohe ich oft zurück") und offene ("Ich bin jemand, der anderen oft droht") Aggression. "Das bedeutet, dass Spieler gewalthaltiger Video- und Computerspiele häufiger aggressives Verhalten aufgrund von Ärger- oder Wutreaktionen bzw. wahrgenommenen oder tatsächlichen Provokationen zeigen", betonen die Psychologinnen.

Null Toleranz

Für die Wissenschafterinnen zeigen die Studienergebnisse, dass es nicht sinnvoll ist, Computerspiele pauschal zu verurteilen. "In Bezug auf Aggression sind nur gewalthaltige Video- und Computerspiele als bedenklich einzustufen", schreiben Spiel und ihre Kolleginnen. Sie empfehlen, Medienerziehung durch Eltern und Lehrer bereits in der Volksschulzeit zu beginnen. Und im Sinne einer "Null Toleranz" für Gewaltspielkonsum raten sie Eltern, die Anschaffung von Gewaltspielen in keiner Weise zu unterstützen, das Computerspielverhalten ihrer Kinder zu beobachten und kritisch zu hinterfragen. Lehrer sollten das Spielen solcher Gewaltspiele während der Pausen und in Freizeiten während der Unterrichtszeit nicht tolerieren. (APA)