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Laut Guger hätten die heimischen Unternehmen objektiv gesehen keinen Bedarf an einer Null-Lohnrunde.

Foto: APA/Barbara/Gindl

Wien - Trotz Rezession dürfe es keine Null-Lohnrunde oder gar Lohnkürzungen geben, warnt Wifo-Experte Alois Guger. Denn dies würde die für die Binnenkonjunktur nötige Kaufkraft senken und wäre ein "fatales Signal" an die Konsumenten zu noch mehr Enthaltung. "Die Lohnpolitik sollte sich nicht zu stark drücken lassen", sagt Guger im Gespräch mit der APA: "Wichtig ist die Kaufkrafterhaltung und eine Inflationsabgeltung - das gilt auch für den öffentlichen Dienst." Punktuell gebe es durch die Kurzarbeit ohnedies schon Lohnverzicht.

"Lohneinbußen würden die Kaufkraft zu stark einschränken, das können wir nicht brauchen", so Guger. In den 30er Jahren hätten die Null-Lohnrunden einen Deflationsprozess eingeleitet, bei dem die Preise noch schneller gesunken seien als die Löhne. Das heurige Jahr 2009 sei eines von wenigen mit einem Zuwachs beim Nettorealeinkommen, und zwar von voraussichtlich deutlich über 3 Prozent. Grund dafür seien die KV-Abschlüsse vom Vorjahr - noch auf Basis eines damals hohen BIP-Anstiegs und einer hohen Inflation - sowie wie heurige Steuerreform, die aber erst wirken müsse. Auch in früheren Jahren habe es Realeinkommenszuwächse nur durch Steuerreformen gegeben. Seit drei Jahrzehnten, seit 1978, gebe es eine fallende Lohnquote, also einen rückläufigen Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen.

Gefahren in Richtung Deflation

Die heimischen Unternehmen hätten objektiv gesehen keinen Bedarf an einer Null-Lohnrunde, sagt der Arbeitsmarkt- und Lohnpolitik-Experte des Wirtschaftsforschungsinstituts: Die Gefahren in Richtung Deflation wären viel stärker als die Vorteile etwa für exportorientierte Betriebe. Die Lohnstückkosten der Exporteure hätten sich in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten deutlich verbessert, die Firmen hätten gute Gewinne geschrieben, "die nicht weitergegeben wurden, denn sonst wäre die Lohnquote ja nicht gesunken".

Im Hinblick auf die Gefahr eines starken Rückgangs der Nachfrage "sollte sich die Lohnpolitik nicht zu stark drücken lassen, sondern Widerstand leisten", appelliert Guger. Und er erinnert auch an die "antizyklische Lohnpolitik des ÖGB Ende der 60er Jahre": Eher in Aufschwungphasen sei wegen der Gefahr des Preisauftriebs Lohnzurückhaltung angesagt, nicht aber im Abschwung, wo zusätzliche Kaufkraft-Dämpfung "bei der Binnennachfrage viel zerstören" könnte.

"Wichtig ist die Kaufkrafterhaltung und eine Inflationsabgeltung. Auch bei einer negativen Produktionsentwicklung sollte das so sein", sagt der Wifo-Experte: "Das gilt auch für den öffentlichen Dienst - auch dort sollte man nicht sparen." Der Kaufkrafterhalt müsse nun Priorität haben. Die Exporteure hätten bereits vom längerfristigen Rückgang der Lohnstückkosten profitiert. Industriebetrieben, die jetzt jammern und auf Lohnverzicht drängen, hält Guger entgegen, dass der Sachgüterbereich ohnedies nur 20 Prozent Lohntangente habe, "das heißt es gibt noch andere Faktoren, bei denen gespart werden kann".

Warnung vor Abwärtsspirale

Eine generelle Null-Runde in Österreich oder gar Lohnkürzungen auf breiter Ebene könnten andere Staaten dazu veranlassen, dem Beispiel zu folgen und damit eine Abwärtsspirale in Europa auslösen: "Wenn das alle machen, sind wir keinen Schritt weiter."

IHS-Experte Helmut Hofer hatte am Mittwoch zur APA gesagt, er erwarte für den öffentlichen Dienst eine Null-Runde, rechne aber für die unselbstständig Erwerbstätigkeiten für die KV-Runde im Herbst mit einer niedrigen Lohnsteigerung von einem halben Prozent oder etwas mehr, aber weniger als die Inflationsrate von einem Prozent.

Dass die Arbeitslosenzahl in Österreich heuer und 2010 um insgesamt 100.000 ansteigen wird, glaubt der Wifo-Fachmann nicht: "Das ist deutlich zu viel." Entscheidend werde sein, wie rasch die Steuerreform und die Konjunkturmaßnahmen greifen und ob es bereits zur Jahresmitte oder gegen Ende 2009 zu einer Konjunktur-Wende komme. (APA)