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Zwei Wochen nach dem Mord an einer 41-jährigen Bankerin in Wien-Hernals scheint die Tat geklärt

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Der aufsehenerregende Messermord in Wien-Hernals an einer 41-jährigen Frau ist geklärt. In der Nacht auf Mittwoch nahm die Polizei einen 38-jährigen Ungarn in einer Wiener Jugendherberge fest, der nach stundenlangen Verhören am Morgen die Tat gestand. Das Motiv: Er wollte die Bankerin Julia R. berauben - doch das Opfer wehrte sich.

Ermittlungen seit zwei Wochen

Zwei Wochen lang hatten die Kriminalisten ermittelt, um herauszufinden, warum die Bankerin Julia R. auf dem Heimweg zu ihrer Wohnung sterben musste. Die gebürtige Russin war, kurz nachdem sie aus der Straßenbahn ausgestiegen war, auf dem Gehsteig der Dornbacher Straße niedergestochen worden. Fünfmal rammte ihr der Täter ein Küchenmesser in den Rücken. "Zunächst war für die Ermittler nicht ersichtlich, was der Hintergrund der Tat war. Ein Beziehungsmord, ein Geisteskranker oder ein eskalierter Raubüberfall kamen infrage", erklärte Hannes Scherz von der Wiener Polizei bei einer Pressekonferenz.

Zunächst war unklar, ob Wertgegenstände verschwunden waren

Die Schwierigkeit für die Ermittler: Zunächst war unklar, ob Wertgegenstände verschwunden waren. "Den Ehemann und Bekannte konnten wir als Verdächtige sehr rasch ausschließen", erläuterte Gerhard Haimeder vom Landeskriminalamt. "Wir mussten uns also auf ein Phantom konzentrieren."

Keine Zeugen

Zunächst stand eine mühsame Suche nach Zeugen auf dem Programm - man wusste, dass ein Taxilenker und eine ältere Frau zur fraglichen Zeit in der Nähe waren. Allein: Nachdem die Aufrufe erfolgreich waren, stellte sich heraus, dass die Zeugen nichts gesehen hatten.

Handy des Opfers

Da mittlerweile feststand, dass dem Opfer eine Handtasche mit einem Handy gestohlen worden war, konzentrierten sich die Kriminalisten auf die Suche nach dem Mobiltelefon. Sie orteten es, die Besitzerin sagte, sie habe es von einem Bekannten. "Wir haben den Weg des Handys rekonstruiert und sind schließlich auf den Verdächtigen gestoßen", schilderte Haimeder.

Opfer zufällig ausgewählt

Im Verhör gestand der Ungar, sein Opfer in der Straßenbahn zufällig ausgewählt zu haben. Er stieg mit ihr gemeinsam aus, überzeugte sich, dass niemand in der Nähe war, und bedrohte sein Opfer mit dem gestohlenen Messer. "Das ist ein Überfall, ich bin aidskrank, mir ist alles egal, ich brauche Geld", habe er gesagt. Doch die Frau wehrte sich, biss und umklammerte ihn. "Im Zuge des Gerangels stach er ihr in den Rücken", sagt Haimeder - die Frau sei nicht auf der Flucht getötet worden.

Auch nach dem Mord Raubüberfälle

Die Beute des Ungarn, der auch in seiner Heimat wegen Vermögensdelikten gesucht wird: 40 Euro und das Mobiltelefon. Beeindrucken ließ er sich davon nicht. Auch nach dem Mord verübte er Raubüberfälle, berichtet die Polizei.

Wollte in Thailand ein neues Leben beginnen

Als Hintergrund gab der 38-Jährige chronischen Geldmangel an. Nach einer Krise mit einer Lebensgefährtin in Ungarn kam er im Jänner nach Österreich, um zu 4000 Euro zu kommen. Geld, mit dem er in Thailand ein neues Leben beginnen wollte. (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe 19.3.2009)