Die großen internationalen Nachrichtenagenturen Reuters und AP beklagen, dass es am dritten Verhandlungstag infolge einer Entscheidung des Gerichts keine Bilder vom Inzest-Prozess in Sankt Pölten gab. "Da ist eine völlig unklare Situation entstanden", sagte der Leiter der Reuters-Fotoredaktion in Wien, Leonhard Foeger, zur APA. "Dass Regelungen mittendrin ausgehebelt werden, ist unüblich", so Oliver Multhaup, Bild-Chef der Associated Press (AP) in Frankfurt. Allerdings wäre solch ein Vorfall am ersten Prozesstag "dramatisch schlimmer gewesen".

Das Landesgericht St. Pölten hatte zu Beginn des Prozesses im Fall Josef F. am Mittwoch die Fotografen der Austria Presse Agentur und die Kamerateams des ORF nicht in den Verhandlungssaal vorgelassen - aus Sicherheitsgründen sei Platzmangel entstanden, lautete die Erklärung. ORF wie APA belieferten im Rahmen einer Pool-Lösung an den beiden vorangegangenen Tagen die übrigen Medien unentgeltlich mit Bildern. "Ein Pool ist bei internationalen Großereignissen nicht unüblich, auch wenn es für uns einfacher ist, selber Zugang zu haben", meinte Multhaup.

"Undurchsichtig"

Die Entscheidung von Gerichtssprecher Franz Cutka am Mittwoch hält Foeger von Reuters allerdings für "undurchsichtig". Cutka hatte nämlich angekündigt, zu Mittag könnten die Bildberichterstatter wieder an dem Prozess im Fall Josef F. teilnehmen. Dann wurde die Verhandlung unerwartet auf Donnerstag vertagt. Nun herrschte bei den auf die Pool-Bilder angewiesenen Medien offenbar Verwirrung. "Jeder Kunde fragt uns, was da los ist", schilderte Foeger die Situation. Wenn etwas ausgemacht sei, müsse es auch halten, so der Reuters-Verantwortliche - "das hat die letzten zwei Tage ja ganz gut geklappt."

AP wünscht sich zumindest von der für Donnerstag erwarteten Urteilsverkündung "authentische" Bilder aus dem Landesgericht, wie Multhaup erklärt: "Zum Urteil ist uns das Pool-Material sehr wichtig. Wir haben eine Verpflichtung gegenüber unseren Kunden, den Moment zu transportieren." (APA)