Ein goldener Eichenlaubkranz umfasst die Buchstaben "RS" für Republika Srpska. Darüber prangt eine Krone mit einem Kreuz. Das Wappen der RS ist verfassungswidrig, weil es den nationalen Interessen der Bosniaken widerspricht. Die Muslime können sich darin sicher nicht wiederfinden und trotzdem reflektiert ihr Anspruch, dies zu tun, auch bloß das ethnische Prinzip, das Bosnien-Herzegowina seit Jahren lähmt. Weil die Gruppenzugehörigkeit zählt und der ethnische Proporz eingefordert wird, ist einer ohne Gruppe, diskriminiert. Und ein moderner Staat wird somit verhindert.

Die Staatsorganisation liegt in Bosnien nicht beim "Volk", sondern bei den drei "Völkern", also den Bosniaken, den Serben und den Kroaten. Das Individuum ist demnach zweitrangig. Die Rechtsordnung aufgrund von Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft war bereits während der osmanischen Herrschaft durch das Millet-System verankert und gewährte bedingt Selbstverwaltung. Als der Nationalstaats-Gedanke Ende des vergangenen Jahrhunderts auch in Bosnien übernommen wurde, zeigte er in Kombination mit diesem Erbe seine pathologische Seite. Der Konstruktionsfehler der Dominanz der Ethnizität wurde 1995 im Vertrag von Dayton verankert und territorial durch die beiden Landesteile (RS und Föderation) gestärkt. Mit dieser Verfassung kann das Land aber nicht in die EU gelangen.

So stehen etwa die Bestimmungen zur Wahldes Staatspräsidiums im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Das kroatische und das bosniakische Präsidiumsmitglied werden in der Föderation, das serbische in der RS gewählt. Alle, die nicht zu den drei "Völkern" gehören, haben gar keine Chance. Diese Diskriminierungen sollten bereits 2006 in einer Verfassungsreform aufgehoben werden. Doch die scheiterte, wie jüngst auch eine neue Initiative.

Mit jedem Scheitern driften die Landesteile weiter auseinander. Der Premier der Republika Srpska, Milorad Dodik sagte kürzlich, er glaube nicht mehr an Bosnien. Man solle den Entitäten die Möglichkeit geben, sich wie die Tschechoslowakei zu trennen. Ein Kompromiss zwischen den lokalen Politikern der drei Volksgruppen ist nicht in Sicht. Mit der neuen US-Administration, die dem chaotischen Stillstand in Bosnien-Herzegowina nicht mehr länger zusehen will, ist aber trotzdem eine Chance da, dass die Verfassungsreform noch heuer in Gang kommt.

Der Wiener Bosnien-Experte Vedran Dzihiæ spricht sich für Konditionalitäten aus. Die lokalen Politiker, wie die internationalen Verwalter sollten die Reformen rasch und nach einem klaren Benchmarksystem durchziehen. Im Gegenzug für eine Verfassungsreform sollten die Schengen-Visa abgeschafft werden, die EU ihre Strukturfonds öffnen und bis Jahresende sollte nur mehr ein Europäischer Gesandter, aber kein Internationaler Hohe Repräsentant in Sarajevo residieren, schlägt Dzihiæ vor.

Klar ist, dass die zweite Parlamentskammer (Haus der Völker) geschwächt, das Abgeordnetenhaus und das Amt des Premiers aufgewertet werden müssen, um den Gesamtstaat zu stärken. Ebenso sollte die Vetomöglichkeit wegen "vitalen nationalen Interessen" verringern werden. Auf der gesamtstaatlichen Ebene muss, um überhaupt Verhandlungen mit Brüssel führen zu können, ein EU-Ministerium geschaffen werden. Und die Föderation mit ihren zehn Kantonen und hunderten Ministern sollte effizienter organisiert werden.

Entscheidend ist aber, dass die Europäer verstehen, dass es nicht in erster Linie darum geht, einen Hohen Repräsentanten zu unterstützen, sondern die lokalen Institutionen. Das meinte auch der Ex-Bosnien-Beauftragte Paddy Ashdown vor vier Jahren, als er sagte: Wenn das nicht verstanden würde, wäre es auch egal ob ich "Staatspräsident bin oder Bart Simpson". (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 18.3.2009)