Halle/Berlin - Der Einbruch bei den deutschen Exporten lässt die Wirtschaft in den kommenden Monaten voraussichtlich weiter deutlich schrumpfen. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) sagte am Dienstag ein Minus des Bruttoinlandsprodukts von 4,8 Prozent voraus, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) erwartet im ersten Quartal ein Schrumpfen um 2,2 Prozent. Die ZEW-Konjunkturerwartungen verbesserten sich hingegen leicht.

Laut IWH hat der Einbruch der Weltkonjunktur im Winterhalbjahr den Exportweltmeister Deutschland viel stärker getroffen als noch zu Jahresende erwartet. Die konjunkturellen Aussichten für wichtige Handelspartner hätten sich weiter verschlechtert. Die Exporte werden nach Einschätzung des IWH daher im weiteren Jahresverlauf sinken, in der ersten Jahreshälfte sogar zweistellig. Auch die Importe nach Deutschland sinken demnach, der Rückgang werde aber aufgrund der steigenden Nachfrage der privaten Haushalte vor allem nach Kraftfahrzeugen gedämpft.

Unter dem Einbruch der Exporte leide zunächst vor allem die westdeutsche Wirtschaft, sagte IWH-Konjunkturexperte Udo Ludwig der Nachrichtenagentur AFP. Die ostdeutschen Unternehmen seien hingegen weniger exportorientiert. Trotzdem könnte die Schwäche bei den Ausfuhren auch den Osten treffen - denn viele ostdeutsche Firmen beliefern Exportbetriebe im Westen.

"Stand von vor drei Jahren"

Profitieren könnte Ostdeutschland laut Ludwig hingegen von seiner starken Konsumgüterindustrie. Bisher sind die Verbraucher nach den Lohnsteigerungen des vergangenen Jahres in Kauflaune. Sollte nun nicht bald auch der Konsum in einen "Sturzflug" verfallen, "haben ostdeutsche Produzenten Märkte, die sie noch beliefern können", sagte Ludwig. Die Nachfrage im Inland habe damit eine "stabilisierende Funktion", von der vor allem Ostdeutschland profitiere.

Nach Einschätzung des DIW fällt die Wirtschaftsleistung in Deutschland in diesem Jahr "auf den Stand von vor drei Jahren zurück". "Ein Großteil der materiellen Früchte des letzten Aufschwungs ist damit wieder aufgezehrt", erklärte DIW-Konjunkturexperte Stefan Kooths.

Die vom Zentrum für Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim befragten Analysten sehen hingegen etwas positiver in die Zukunft. Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland stiegen um 2,3 Punkte und liegen nun bei minus 3,5 Punkten. Den Wirtschaftsforschern zufolge dürften zu der positiveren Sicht die erneute Zinssenkung der EZB sowie die gesunkenen Rohstoff- und Lebensmittelpreise beigetragen haben. Der ZEW-Index liegt damit aber weiterhin unter seinem historischen Mittelwert von 26,2 Punkten. (APA/AFP)