Wien - Der ehemalige Chef-Aktienhändler der Deutschen Bank in Wien, Roman Eisenschenk, und der bwin-Investor Martin Begsteiger sind am Dienstag vor Gericht des Missbrauchs von Insiderwissen freigesprochen worden. Das Urteil ist rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft auf Rechtsmittel verzichtet hat, bestätigten die Anwälte der beiden Hauptangeklagten sowie die Deutsche Bank: Die Staatsanwaltschaft hatte Eisenschenk und Begsteiger vorgeworfen, mit Aktien des Glücksspielkonzerns bwin ein Ringelspiel betrieben zu haben, um den Kurs in die Höhe zu treiben.

Im Jahr 2006 schnellte der bwin-Kurs von weniger als 20 Euro auf über 100 Euro hoch, brach dann aber wieder auf 10 Euro ein. Die Aktien des Glückspielkonzerns sind im Kreis verkauft worden: Von der Deutschen Bank wanderten sie an die Privatinvest Bank, von dort gingen sie weiter die Erste-Group-Internettochter ecetra und dann wieder zurück zur Deutschen Bank. "Das ist keine Insiderinformation, die man missbrauchen könnte", kommentierte Begsteigers Anwalt Nikolaus Vogt den Freispruch.

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hatte über Begsteiger, Eisenschenk und den Deutsche-Bank-Mitarbeiter Martin Lotterstätter bereits vor rund einem Jahr Verwaltungsstrafen wegen Marktmissbrauchs verhängt. Vor wenigen Wochen hat der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) die Strafen bestätigt, hieß es heute aus der FMA. Vogt nimmt an, dass dagegen noch Beschwerde erhoben wird, noch lägen die UVS-Erkenntnisse aber nicht vor.

Freispruch erwartet

Wie Vogt freut sich auch Eisenschenks Rechtsvertreter Wolfgang Brandstetter über das Urteil, wenngleich die beiden Advokaten nichts anderes als einen Freispruch erwartet haben. "Das Wissen um die eigene Marktmanipulation kann nicht gleichzeitig Insiderhandel sein", sagte Brandstetter. Insiderhandel liege nur dann vor, wenn vertrauliche Informationen ausgenützt hätte. Im konkreten Fall habe der Drittbezug gefehlt.

Kritik an der FMA übte die Deutsche Bank heute per Aussendung. Es spreche für sich, dass sich die Aufsichtsbehörde dem Verfahren nicht angeschlossen habe. Eisenschenk sei für die Dauer des Verfahrens von der Deutschen Bank freigestellt worden, erläuterte ein Sprecher des Finanzinstituts.

Mit dem heutigen Urteil ist die Causa noch lange nicht zu Ende, da es bei dem heutigen, etwa dreistündigen Verfahren nicht um zivilrechtliche Ansprüche ging. Seit dem Bekanntwerden des Ringelspiels streiten die Erste Group und die Deutsche Bank darüber, wer nun die Verluste schlucken muss. Die Erste Group musste bereits um Jahr 2006 rund 100 Mio. Euro abschreiben, wie ein Erste-Sprecher heute bestätigte. Der Deutschen Bank drohen Schadensersatzklagen.

Ein zivilrechtliches Verfahren ist dem Vernehmen nach zwar noch nicht eingeleitet. Wenn es so weit ist, dürften sich mehrere mutmaßlich geprellte Privatanleger anhängen. Die Erste Group wollte sich dazu heute nicht äußern. Für die Deutsche Bank bilden "insbesondere die Rechtsbeziehungen zu ecetra" den Hintergrund des heutigen Verfahrens. Das zeige die Teilnahme der Privatbeteiligten. (APA)