Das in Graz geplante "Thalia-Projekt" könnte das Pradikat "Weltkulturerbe" gefährden

Foto: Grafik/ ACOTON

Graz - Die Grazer Altstadt darf sich seit 1999 gemeinsam mit dem Tadsch Mahal, den ägyptischen Pyramiden und der Chinesischen Mauer Weltkulturerbe nennen. Dennoch konnte man die Stadt bisher ungestraft mit moderner Architektur bereichern. Alt und Neu sollten auch künftig nebeneinander bestehen können, konnte der Besucher angesichts etwa der künstlichen Mur-Insel meinen.

Doch Geschmäcker sind verschieden, wie die Umbaupläne des Architekten Heiner Hierzegger für die Grazer "Thalia" - ein denkmalgeschütztes Ensemble aus den 50ern - bewiesen. Erboste Bürger sammelten Unterschriften gegen den bereits genehmigten Umbau, die Altstadtkommission zog mit Landeskonservator Friedrich Bouvier und Architekt Volker Giencke an der Spitze gegen Hierzeggers "miserable Architektur" zu Felde - DER STANDARD berichtete.

Stadtväter stehen hinter Projekt

Allein die Stadtväter - sowohl der abtretende SP-Bürgermeister Alfred Stingl als auch VP-Stadtrat Gerhard Rüsch - standen weiter hinter dem vier Stockwerke hohen Projekt, das ein Hotel und Proberäume für die Grazer Oper beherbergen soll.

Dann drang die Debatte im Wien-Mitte nach Graz. Die in Wien 97 Meter hoch geplanten Türme des Hochhausprojekts Wien-Mitte hatten einen Streit um die mögliche Aberkennung des "Welterbe"-Prädikats ausgelöst, nun rief man auch in Graz die für die Unesco prüfende NGO "Icomos" an. Sie soll klären, ob sich das - laut Hierzegger nur 25 Meter hohe, die alte Substanz erhaltende - Bauwerk mit dem Weltkulturerbe verträgt.

Landeskonservator und Projektgegner Bouvier ist übrigens selbst ein Mitglied des österreichischen Icomos-Komitees. Am Dienstag reiste der Präsident von Icomos Austria, Wilfried Lipp, tatsächlich an, um sich nach einem Gespräch mit Bürgermeister, Stadträten, Bouvier und Hierzegger vor Ort ein Bild über die Situation der seit Jahren dem Verfall preisgegebenen alten Thalia zu machen. (cms/DER STANDARD, Printausgabe, 12.3.2003)