Hulu und Co. bieten ein attraktives und kostenloses Film-Portfolio für Internetsurfer - bislang leider nur für US-Amerikaner.

Hulu.com

Man könnte aus der Geschichte lernen – will man Fehler anderer nicht wiederholen. Das scheinen die großen Filmstudios in Hollywood aber noch nicht verinnerlicht zu haben. Im Online-Geschäft mit digitaler Musik hat Apple derzeit eine sehr stabile Marktdominanz, da viele Mitbewerber die Entwicklung verschlafen haben.

Die Filmindustrie vermittelt den Eindruck, dass es ihr wichtiger sei, Raubkopien und -kopierer aufzuspüren. Es gibt kaum eine legale Alternative, auf die jeder, weltweit und zu bezahlbaren Preisen zugreifen kann. Auf der Internetseite der Dachorganisation der Filmindustrie, der Motion Picture Association, dominieren Informationen und Nachrichten über den Kampf gegen die Internet-Piraten; das legale Angebot von Spielfilmen und Serien ist gut versteckt auf einer Unterseite.

Legal und kostenlos

Die Marktanalysen unterscheiden derzeit nicht zwischen den sozialen Videoportalen und den Vertriebskanälen der Filmstudios. Deswegen liegen die Google-Tochter YouTube, die zu Rupert Murdoch/Fox gehörenden MySpace-Seiten sowie Yahoo auf den vorderen Plätzen der Marktanteile. Dahinter teilen sich die Märkte – je nach regionaler Verfügbarkeit der Angebote. In USA folgt danach der Viacom-Medienkonzern mit den Angeboten von MTV, VH1, Nickelodeon und Comedy Central. Seit Ende 2007 auf dem Markt ist das von NBC und Fox initiierte Angebot Hulu. Innerhalb kurzer Zeit konnte Hulu viele Stammbesucher dazu gewinnen. Dahinter liegen das Angebot des Turner Networks und von Disney Vergleichbare Dienste bietet unter anderem CBS und Warner Brothers. (Angaben zu amerikanischen Marktanteilen)

Diese Internetseiten der Film- und Medienfirmen bieten Fernsehserien und Spielfilme als Video-Streaming. Finanziert werden die Angebote durch Werbeunterbrechungen. Das große Problem für europäische Nutzer ist die regionale Beschränkung: Nutzer mit IP-Adressen außerhalb der USA können auf das Angebot nicht zugreifen. Dazu sind die Video-Internetdienste aufgrund weitreichenden Urheber- und Ausstrahlungsrechte verpflichtet. Es gibt ein paar Möglichkeiten, die IP-Sperre zu umgehen; die meisten Programme verwenden dafür eine Umleitung über einen Proxy-Server in den USA. Angesichts der Datenmengen beim Video-Streaming kann das allerdings zu Einbußen beim Filmgenuss führen.

In der deutschen Liste der meistbesuchten Seite sind vor allem die Seiten der Pro7-/Kirch-Gruppe beispielsweise Maxdome und RTL/Bertelsmann ganz vorn mit dabei. Aber auch Megavideo ist ein beliebter Anbieter im deutschsprachigen Raum. (Angaben zu deutschen Marktanteilen).

Googles Ambitionen

YouTube möchte seine Marktführerschaft in diesem Bereich nutzen und arbeitet derzeit an der Einführung eines Videoportals für Spielfilme. Als Partner konnte die Google-Tochter bereits das große Hollywood-Studio MGM gewinnen. Ein anderes sehr erfolgreiches Projekt ist Joost, ins Leben gerufen von den Gründern von Skype und Kazaa. Joost profitiert von der Zusammenarbeit unter anderem mit CBS, Nickelodeon, dem Viacom-Konzern und Warner Brothers; Musikvideos kommen von MTV und VH1.

Generell konkurrieren alle Anbieter von werbefinanzierten Video-Streaming-Diensten mit den Online-Händlern für Serien und Spielfilme. Viele Filmfirmen liefern nur Serien und Spielfilme zweiter Wahl oder alte Filme an die kostenlosen Portale. Die neueren Produktionen bleiben den Bezahlseiten vorbehalten. Dazu kommt, dass Werbeunterbrechungen vom Nutzer auf die Dauer nicht akzeptiert werden und dazu führen, dass sich die Zuseher nach Alternativen umsehen

Illegale Angebote umfangreicher

Das Angebot von illegalen Streaming oder Download-Angeboten ist tatsächlich um einiges vielfältiger als die legalen Seiten. Wer danach sucht, findet schnell die entsprechenden Angebote. Die Erhöhung der Übertragungsbandbreitern und der Downloadkapazitäten hat es in den letzten Jahren möglich gemacht, auch größere Dateipakete in hoher Zahl zu bewegen. Technisch ist die illegale Szene ziemlich einfallsreich, um der Strafverfolgung mithilfe von Gesetzeslücken oder der Aufteilung der Infrastruktur auf verschiedene Länder zu entgehen. Die Tauschbörsen werden als Peer-to-Peer-Netzwerke aufgebaut, bei denen der Nutzer eigene Dateien für die Verbreitung freigibt. Oder die Inhalte werden bei File-Hostern gespeichert; ausgetauscht werden lediglich die Links zu diesen Dateien.

Legal oder illegal?

Für den Nutzer ist es nicht einfach, die Grenzen zwischen legalem und illegalem Angebot zu erkennen. Ohne einen Rechtsbeistand kann ein normaler Nutzer kaum entscheiden, ob der Zugriff auf ein US-Angebot mit der IP-Adresse eines US-Proxy-Servers strafbar ist, einen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen des Anbieters darstellt oder trickreich, aber legal ist. Rechtlich nicht unumstritten sind auch die so genannten Online-Videorekorder, die Fernsehsendungen aufzeichnen und wiedergeben. Eine Liste legaler Angebote gibt es bei Grid-TV. Über andere Dienste wie zum Beispiel ShiftTV oder OnlineTVRecorder werden gerichtliche Auseinandersetzungen geführt, die noch nicht abgeschlossen sind. In vielen Fragen ist der Hausverstand gefragt und notwendig: die mitgefilmte Kopie des allerneuesten Hollywood-Streifens wird ebenso wenig rechtlich abgesegnet sein wie der kostenlose Download einer neuen DVD.

Scheinbar kein Fortkommen

Angesichts der schwierigen Rechtslage und der notwendigen technischen Voraussetzungen für einen Video-Streaming-Dienst, der von vielen Nutzern gleichzeitig aufgerufen werden kann, ist die Lage der Filmindustrie nicht einfach. Allerdings gibt es auch wenig kreative Energie und Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Im Gegenteil: Die Zusammenarbeit von Hulu mit dem Dienst Boxee wurde gerade erst kurzfristig und überraschend beendet.

Ein sinnvollerer Ansatz könnte auch sein, das gut organisierte und weitreichende Netzwerk der Piratenbörsen als Distributionskanal zu gewinnen; wer seinen Gegner nicht schlagen kann, sollte sich mit ihm verbünden. (Markus Drenckhan, derStandard.at)