Rom - In Rom tobt eine heftige Debatte um einen Plan von Regierungschef Silvio Berlusconi, im Parlament neue Regeln einzuführen, um die legislative Arbeit zu beschleunigen. Nur die Fraktionsvorsitzenden sollten laut dem Premierminister abstimmen, ihr Votum sollte für alle anderen Fraktions-Abgeordneten gelten, um so die Entscheidungsverfahren zu beschleunigen und klare Zeithorizonte für die Annahme von Gesetzen zu schaffen. So lautet der Vorschlag, der für heftigen Protest nicht nur in den oppositionellen Mitte-links-Reihen geführt hat.

Vorbild Frankreich

Berlusconi bezog sich in seiner Argumentation auf Frankreich. In der französischen Nationalversammlung könnten Abgeordnete seit 40 Jahren für eine begrenzte Zeit dem jeweiligen Fraktionsvorsitzenden Vollmacht erteilen, für sie abzustimmen, erklärte der Premierminister.

Der Präsident der Abgeordnetenkammer, Gianfranco Fini, kritisierte den Vorschlag. Die Verfassung sehe das freie Mandat jedes einzelnen Parlamentariers vor, daher sei es ausgeschlossen, dass Fraktionsvorsitzende für die Abgeordneten ihrer Partei abstimmen können. "Solange diese Verfassung in Kraft ist, wird es keine Änderungen geben" versicherte Fini.

Kritik vom Verteidigungsminister

Kritisch zeigte sich auch Verteidigungsminister Ignazio La Russa, Chef der rechten Allenza Nazionale. Berlusconis Vorschlag sei Italiens parlamentarischem System fremd, es müsste hierzu erst die Verfassung geändert werden, daher sei das Projekt nicht praktikabel.

Berlusconis Worte lösten in der oppositionelle PD (Demokratische Partei, stärkste Oppositionspartei) vehemente Reaktionen aus. Der Premierminister zeige einen zunehmenden Autoritarismus. Sein Ziel sei es, in Italien ein System einzuführen, in welchem die unumstrittene Macht einer prämodernen, machtlosen Volksversammlung vorsitze, so PD-Chef Dario Franceschini. "Man weiß nicht mehr, ob man über Berlusconis Vorschläge lachen oder weinen soll", meinte Franceschini.

Der Chef der christdemokratischen Oppositionspartei UDC, Pierferdinando Casini, betonte, in Berlusconis Weltbild würden nur der politische Anführer und das Volk existieren, während das Parlament, seine Abgeordneten, die Institutionen und die Parteien nur stören würden. Der Medienzar wolle das Parlament herabwürdigen und zu einem stummen Chor degradieren. (APA)