Ein Drama bahnte sich an im San- Diego-Wildpark in den USA: Gerade hatte ein elfjähriges Gorillaweibchen ihr Baby geboren, schon drohte es wieder zu sterben: Die Mutter wollte sich seiner nicht annehmen. Statt dessen hatte sie ihr Baby vor den Füßen der Oma abgelegt - und sich davon gemacht. Doch die flüchtige Gorilladame hatte nicht mit der Hartnäckigkeit ihrer eigenen Mutter gerechnet, wie der Primatologe Masayuki Nakamichi von der Universität Osaka im Jahr 2003 beobachten konnte. Die nämlich hielt der Tochter immer wieder das vernachlässigte Neugeborene hin, bis diese das Gorilla-Baby nach drei Tagen endlich annahm. Die Oma hatte ihr eine Lektion in Sachen Mutterliebe erteilt.

In freier Wildbahn kann man solche Szenen nur selten beobachten. Zwar werden die friedlichen Menschenaffen seit Jahrzehnten studiert. Doch die Reservate, in denen man die natürlichen Lebensbedingungen der Gorillas erforschen kann, sind rar, heißt es an der Universität Wien.

Gorillas sind zudem scheue Gesellen - sie zeigen ihre Fertigkeiten oft nur dann, wenn es gar nicht anders geht. So war bei ihnen lange Zeit kein Werkzeuggebrauch bekannt. Mit ihren kräftigen Armen können die Vegetarier Blätter und Äste mühelos abreißen, im Alltag sind sie darum auf Hilfsmittel kaum angewiesen.

2005 kam dann die Überraschung: Ein internationales Forscherteam beobachtete ein Gorillaweibchen im kongolesischen Nationalpark Nouabale-Ndoki, wie es einen Baumstamm als Brücke über eine matschige Stelle legte.

Erstaunliche Fertigkeiten

Noch spektakulärer waren die Fertigkeiten einer Artgenossin: Das Gorillaweibchen wollte durch einen Teich waten, sank nach wenigen Schritten jedoch tief ein. Daraufhin kletterte das Tier aus dem Wasser, griff sich einen langen Stock und prüfte die Wassertiefe an einer anderen Stelle.

"Gorillas wurden ebenso wie Schimpansen auch dabei beobachtet, wie sie sich selbst medikamentiert haben" sagen Primatologen: Die Menschenaffen fressen die Blätter bestimmter Pflanzen unzerkaut. Deren Wirkstoffe befreien sie dann von Darmparasiten.

Dass Gorillas intelligent sind, ist bereits länger bewiesen. Sinnbild hierfür ist die Gorilladame Koko, die von Wissenschaftern der Universität Stanford darauf trainiert wurde, mit der amerikanischen Zeichensprache für Gehörlose zu kommunizieren. Das 37 Jahre alte Tier soll über 1000 Zeichen und knapp 2000 englische Wörter verstehen.

Koko ist darüber hinaus der einzige bekannte Gorilla, der den sogenannten Spiegel-Test bestand. Dabei wird dem Tier ein Farbklecks auf das Gesicht aufgetragen und ihm dann ein Spiegel vorgehalten. Wenn es erkennt, dass es sich selbst im Spiegel sieht, versucht es, den Fleck im Gesicht wegzuwischen.

Österreichische Forscher sind an solchen wissenschaftlichen Arbeiten übrigens kaum beteiligt. "Die Primatologie ist bei uns allgemein ein extrem vernachlässigtes Fach", heißt es an der Universität Wien. "Und wenn wir wirklich einmal Freiland-Beobachtungen machen wollen, sind wir auf Kooperationen mit japanischen und amerikanischen Forschern angewiesen, die in den Reservaten ihre Lager aufgeschlagen haben. Hierfür aber Drittmittel zu bekommen ist schwierig. Dafür sind Gorillas einfach zu selten." (krä/DER STANDARD, Printausgabe, 11.3.2008)