Eine Reihe von Personen des öffentlichen und journalistischen Lebens sorgt sich um die Zukunft des öffentlichen Rundfunks. Gemeinsam mit dem Publizistikinstitut der Uni Wien haben sie unter dem Namen "der FreiRaum" eine Charta zum "Öffentlichen Rundfunk in Europa" entwickelt. Darin formulieren sie Eckpfeiler, Perspektiven und Anforderungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunks. "Wir halten den öffentlichen Rundfunk als europäische Angelegenheit für unerlässlich", formulierte es Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell am Dienstag bei einer Pressekonferenz.

Ziel der Initiative ist es, europaweit einen breiten und kritischen Diskussionsprozess zur Bedeutung öffentlich-rechtlicher Medien anzustoßen. In der aktuellen Situation rund um den ORF hoffen die Unterzeichner, der Regierung einen Denkanstoß geben zu können. Klaus Unterberger, Mitglied von "FreiRaum" und im ORF für public value zuständig, findet, "die Politik wäre gut beraten, wenn sie uns zuhören würde".

ORF als "Besitzarena" der Parteien

Dem ehemaligen ÖVP-Politiker Heinrich Neisser geht es auch darum, "die Einflussnahme der politischen Parteien auf den ORF" aufzuzeigen. Die Parteien betrachten den ORF als "ihre Besitzarena und wollen sich ihren eigenen Lautsprecher einrichten". Die Charta soll ein Beitrag dazu sein, "diese Tendenzen der Politik aufzeigen, Dinge zu vereinnahmen und zu instrumentalisieren". Dafür, dass die Strukturen des ORF geändert werden, sieht Neisser "derzeit keine realpolitische Chance".

Trautl Brandstaller, langjährige ORF-Journalistin und Buchautorin, sieht neben dem Parteieneinfluss auch die zunehmende Kommerzialisierung als Gefahr für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der öffentlich-rechtliche Auftrag bedürfe einer institutionellen Absicherung, der Staat müsse hier im Sinne des Gemeinwohls regulierend in den Markt eingreifen, findet Brandstaller. "Der Markt erzeugt weder gute Luft, noch reines Wasser noch ein öffentlich-rechtliches Programm - hier muss die Politik eingreifen."

Auftraggeber für die Kulturwirtschaft

Laut Charta ist der öffentliche Rundfunk in Europa eine unerlässliche Medieninstitution, die für Demokratie- und Kommunikationskultur unverzichtbar geworden ist. Einer seiner elementaren Funktionen ist die gesellschaftliche Integration, weiters müsse er "aus der Flut der Medienangebote herausragen". Die Unterzeichner sehen den öffentlichen Rundfunk als Auftraggeber für die Kulturwirtschaft eines Landes, warnen vor der Kommerzialisierung und mahnen eine verlässliche Finanzierung ein. Schließlich bedürfe es der "Zustimmung der Gesellschaft", weshalb der öffentliche Rundfunk Zugang zu allen zeitgemäßen Verbreitungsformen haben müsse.

Unter den Erstunterzeichnern finden sich neben Hausjell, Neisser, Brandstaller und Unterberger auch der Kommunikationshistoriker Wolfgang Duchkowitsch, Mercedes Echerer, Hannes Haas, Wolfgang Langenbucher, Eva Marginter, Günther Ogris, Peter Pawlowsky und Anton Pelinka. (APA)