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Wien - Die weltweite Konjunkturkrise ist im Kuhstall angekommen. Seit vergangenen Herbst entwickelt sich der Milchmarkt denkbar ungünstig für die Branche. Das Resultat sind eine Rückkehr der Butterberge und Milchseen sowie ruinöse Preise für die Milchbauern.

Hauptursache für den schlechten Erzeugermilchpreis ist die merklich zurückgegangene Nachfrage der Konsumenten nach Milch und Milchprodukten in diesen schwierigen wirtschaftlichen Zeiten. "Es ist zu viel Milch am Markt", bringt es ein Molkerei-Manager auf den Punkt. Und Österreich produziere mehr Milch als es braucht - Übermengen, die auf den internationalen Märkten abgesetzt werden müssen, zu Preisen, die sich für die heimischen Milchbauern nicht mehr rechnen.

Die Lage auf dem Milchmarkt hat innerhalb eines Jahres vollkommen gedreht. Hat man noch vor einem Jahr in China und ganz Ostasien große Exportzuwächse seitens der EU erwartet, ist dieser Optimismus angesichts von Wirtschaftskrise und Melamin-Skandal geschwunden. Zudem macht die Dollarkurs-Entwicklung Exporte in Drittländer schwierig. Gleichzeitig haben die Bauern die Produktion ausgeweitet, weil das Milchgeschäft im Vorjahr sehr lukrativ war.

Aufgedrehter Milchhahn

All dies geschieht vor dem Hintergrund, dass ab 2015 die Milch-Mengenbeschränkungen in der EU endgültig fallen. Bis dahin dreht Brüssel den Milchhahn schrittweise auf und erhöht die Quoten. Es kommt also deutlich mehr Milch auf den Markt - mit entsprechenden Auswirkungen auf den Bauernmilchpreis. Zur sinkenden Nachfrage kommt der große Preiskampf der Handelsketten bei Milchprodukten.

Während vor einem Jahr noch gestreikt wurde, weil der Milchpreis von 45 auf 40 Cent zu fallen drohte, liegen die Erzeugerpreise in Österreich derzeit teilweise bereits unter 30 Cent; bis zum Sommer werden Preise von 25 Cent erwartet. Damit kämpfen viele Bauern um ihre Existenz. Denn für einen durchschnittlichen Betrieb mit einer jährlichen Liefermenge von 50.000 Kilogramm bedeutet das ein Minus bei den Einnahmen von 7.500 Euro.

Zum Vergleich: Auf den internationalen Spotmärkten, die maßgeblich vom größten Milchexportland Neuseeland gesteuert werden, werden derzeit nur noch weniger als 20 Cent pro Kilogramm Milch bezahlt. Die von der EU Mitte Jänner angekündigte Wiedereinführung der Exportsubventionen für Milch und Milchprodukte zeigte nämlich unmittelbar Wirkung in Neuseeland: die größte Molkerei des Landes Fonterra hat erneut den Milchpreis um 15 Prozent auf 17 Cent je Liter gesenkt.

Krise

In Österreich gibt es derzeit noch rund 42.000 Milchbauern. Seit dem EU-Beitritt haben 36.000 Höfe, die ihr Einkommen vorwiegend aus der Milch beziehen, zugesperrt. Ab April haben weitere 400 Milchbauern keinen Abnehmer mehr. Wie berichtet, stellt die burgenländische Molkerei Mona vollständig auf Sojaprodukte um und hat ihre knapp 140 Milchbauern gekündigt. In Oberösterreich wurden die Verträge von 260 Milchbauern bei der Molkerei Seifried nicht verlängert, weil dessen Abnehmer Hofer seit der Umstellung von "Zurück zum Ursprung"-Produkten auf Bio die Milch woanders bezieht.

Weitere Milchbauern dürften vorerst nicht gefährdet sein, zumal die meisten Mitglied einer Genossenschaft sind. "Eine Genossenschaft kann ihre Mitglieder nicht kündigen und nimmt die Milchmengen immer ab", beruhigen Vertreter großer Milchgenossenschafter des Landes, "eine private Molkerei agiert dagegen wirtschaftlich". Auch hinter der NÖM AG steht die MGN als Genossenschaft, in der die Milchbauern organisiert sind. Für freie Liefergemeinschaften haben sich zuletzt die Rebellen der IG Milch stark gemacht. (Von Edith Unger/APA)