Münster  - Der seit vergangenen Sommer andauernde Streit um den Münsteraner Islam-Wissenschaftler Muhammad Sven Kalisch spitzt sich weiter zu. Studierende des Erweiterungsfachs Islamunterricht drohten in einem Brief an das Rektorat mit Exmatrikulation und dem Boykott von Lehrveranstaltungen, sollte Kalischs Professur nicht von der Lehrerausbildung getrennt werden. Dies sagte Prorektorin Marianne Ravenstein am Donnerstag und bestätigte damit einen Bericht der "Münsterschen Zeitung". Ravenstein hält die Kritik jedoch für unberechtigt. Aufgrund des Lehrangebotes sei niemand gezwungen, die Veranstaltungen des Professors zu besuchen.

Unterschriftenliste

Trotz der erneut entfachten Diskussion stehe die Universität weiterhin fest zu Kalisch. Alle Studierenden würden definitiv ihre Prüfungen ablegen können, es gebe genügend andere Dozenten. Außerdem will die Prorektorin sich nach eigenen Angaben mit persönlichen Briefen direkt an die protestierenden Studenten wenden. "Da die Unterschriftenliste dem Brief nur beilag, ist nicht sichergestellt, dass alle Unterzeichner auch wirklich wissen, wofür sie ihren Namen hergegeben haben", sagte Ravenstein. Eine Überprüfung der Liste habe außerdem ergeben, dass einige der 22 Unterzeichner gar nicht an der Universität eingeschrieben seien.

Lehrerausbildung

Aus Sicht der Unterzeichner des erst jetzt bekanntgewordenen Schreibens vom 24. Februar ermöglicht das Vorlesungsangebot keine Alternativen zu den Kursen von Kalisch. Neben einer inhaltlichen und organisatorischen Trennung zwischen dessen Professur und der Lehrerausbildung fordern die Studierenden "eine für islamische Eltern vertretbare Form des Unterrichts". Sie hatten dem Professor schon im vergangenen Herbst in einem ersten Brief nahegelegt, seinen Lehrstuhl für die islamische Lehrerausbildung abzugeben. "Ich kann mich nicht erinnern, dass wir hier in Münster schon einmal eine vergleichbare Kampagne gegen einen Professor gehabt haben", betonte Ravenstein.

Im Gegensatz zu den Streitparteien hält sich der Allgemeine Studierenden Ausschuss (ASTA) der Uni Münster mit klaren Worten zurück. "An uns wurde bisher weder von den Kritikern Kalischs noch seinen Befürwortern ein Hilfsgesuch zu dem Thema gestellt", sagte ein Sprecher. Trotzdem beobachte man das Thema sehr aufmerksam und stehe den Studierenden beider Lager jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.

Kalisch hatte im vergangenen Juli aufgrund von Studien die Existenz des Propheten Mohammed in Zweifel gezogen und dafür harsche Kritik von islamischen Verbänden geerntet. Das NRW-Wissenschaftsministerium will die Wogen um den bei Islam-Verbänden und Studierenden in die Kritik geratenen Forscher glätten und langfristig mit einer zusätzlichen Professur in Münster entspannen. Kalisch selbst soll zwar Professor bleiben, aber nicht mehr in die Islamlehrer-Ausbildung eingreifen. Wenn alles nach Plan läuft, solle die zusätzliche Stelle bis zum kommenden Wintersemester besetzt werden, sagte Ravenstein. (APA/dpa)