Wien - Das Geschäftsmodell wurde vor 25 Jahren mit "Bittere Pillen" erfunden. Da dem Gesundheitswesen buchstäblich "Keiner auskommt", "muss" es einfach auf Interesse stoßen: das Gesundheits-Skandal-Buch. Nach der "Korrupten Medizin" von Bittere-Pillen-Co-Autor Hans Weiss legt nun Kurt Langbein - ebenfalls ehemaliger "Pionier" - erneut nach. "

"Verschlusssache Medizin" heißt der 240 Seiten dicke Band, der neu erschienen ist. Unter den Themen sticht vor allem die Detailkritik am spitallastigen österreichischen Gesundheitssystem hervor.

Zahlen mit Vorsicht zu genießen

Härtester Angriffspunkt: "In Österreichs Krankenhäusern sterben jährlich 2.500 Menschen an den Folgen von Behandlungsfehlern."  Die Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten, liegen doch kaum harte Daten aus dem österreichischen Gesundheitswesen zu Zwischenfällen in Spitälern vor. Die zitierten 25.000 "Behandlungsfehler" würden ein Prozent aller Spitalsfälle in Österreich ausmachen. Ob das zutrifft, weiß niemand. Es handelt sich um eine Übertragung von Schätzungen aus dem Ausland auf Österreich.

Niederösterreich weist Anschuldigungen zurück

Niederösterreich hat die Anschuldigungen in neu erschienenen Buch zurückgewiesen. So etwa bemängelt, dass 2005 nach Schilddrüsenoperationen 17 Prozent der Patienten auf der Intensivstation bleiben hätten müssen. Im Vorjahr seien es jedoch nur mehr etwa 8,5 Prozent gewesen, so Robert Griessner, Geschäftsführer der NÖ Landeskliniken-Holding, welche die 25 Spitäler im Bundesland verwaltet. Die Zahlen seien veraltet, so Griessner.


Ärztekammer und Gesundheitsministerium warnen vor Panikmache

Ärztekammer-Präsident Walter Dorner kritisierte das Buch als "billige, sensationslüsterne Panikmache". Menschen würden durch Aufzählung von Ärztefehlern in Angst und Schrecken versetzt. Um die Behebung der Ursachen - etwa überlange Arbeitszeiten in den Spitälern und dahinter stehende kontinuierliche Gesetzesbrüche von Spitalsbetreibern - gehe es dem Autor offenbar nur in zweiter Linie, so Dorner. Gesundheitsminister Alois Stöger warnt ebenfalls davor, Patienten zu verunsichern und betonte den Stellenwert von Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen.

Fehlermanagement als Chance

Im Ö1-Mittagsjournal äußerte sich Mathias Schrappe, Professor an der Universität Köln und Autor einer im Vorjahr veröffentlichten Studie zu Behandlungsfehlern, zu den Vorwürfen am österreichischen Gesundheitssystem. Um das Problem zu beheben müssten die Verantwortlichen akzeptieren, dass Fehler passieren, und lernen damit umzugehen, statt sie zu vertuschen und zu leugnen, so Schrappe. Fehler zu leugnen sei eine Garantie dafür, dass auch in Zukunft Behandlungsfehler in den Spitälern passieren. (APA/red)