Wien - Die Ausstellung eines Haftbefehls gegen den sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir durch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH/ICC) habe "ein neues Kapitel von Chaos und Destabilisierung in Darfur" geöffnet. Diese Einschätzung äußerte der Leiter des Komitees für internationale Beziehungen im sudanesischen Parlament, Mahdi Ibrahim, am Donnerstag in Wien. "Wenn wir nach Gerechtigkeit streben, ist es wichtig, dass der Frieden nicht das Opfer ist", betonte der Politiker bei einer Pressekonferenz in der UNO-City.

Der Sudan sei ein Land, das sehr hart für Frieden gearbeitet habe, sagte Ibrahim, der wörtlich von einer "Vendetta", einem Rachefeldzug, gegen sein Land sprach. Schließlich habe die Regierung im Süden und Osten des Landes Frieden geschaffen und begonnen, dies auch im Westen zu tun. "Das kann man nicht einfach ignorieren." Zudem sei man anderswo international - etwa nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch in jüngerer Vergangenheit in Südafrika und Ruanda - bisher nach dem Prinzip vorgegangen: "Wir streben nach Frieden, wir schaffen Frieden, und dann arbeiten wir für Gerechtigkeit."

"Europäisches Gericht"

Scharfe Kritik übte Ibrahim am Internationalen Strafgerichtshof. Viele Länder hätten diesen nicht anerkannt - unter anderem China, Russland, die USA, Israel, arabische und afrikanische Staaten, aber auch Länder in Asien und Lateinamerika. Man könne daher nicht von einem "internationalen" Gericht sprechen. "Das ist ein europäisches Gericht." Der Politiker sah auch eine gewisse Voreingenommenheit gegen afrikanische Staaten, während etwa das Vorgehen der USA im Irak und in Afghanistan oder die israelische Militäroffensive im Gazastreifen nicht thematisiert würden.

IStGH-Chefankläger Luis Moreno-Ocampo warf Ibrahim vor, seine Befugnisse überschritten zu haben und mit Lobbyisten zusammen getroffen zu sein. Der Parlamentarier sprach in diesem Zusammenhang von einer "Mobilisierung" gegen den Sudan noch vor dem Urteil des Gerichts. Die internationale Gemeinschaft habe nichts dagegen unternommen. "Das hat den IStGH zu einem Zirkus gemacht, das ist kein Gerichtshof." Moreno-Ocampo wolle "ein Held" sein, vermutete Ibrahim.

"Angriff auf Immunität"

Die Tatsache, dass der Gerichtshof in Den Haag im Falle Bashirs erstmals gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt einen Haftbefehl erlassen hat, wertete der Parlamentarier als "Angriff auf die Immunität eines im Amt befindlichen Präsidenten". Diese sei jedoch durch internationale Verträge geschützt. Die Regierung werde weiterhin mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, "aber wir werden diesen Haftbefehl nicht akzeptieren", betonte Ibrahim.

Zur Ausweisung mehrere Hilfsorganisationen wie "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) aus seinem Land sagte der sudanesische Politiker, es seien noch immer sehr viele Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) im Sudan im Einsatz. Ausgewiesen habe man nur jene, die ihr Mandat überschritten hätten. (APA)