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Die Warteschlangen beim Arbeitsmarktservice werden länger. Die Politik will gegensteuern.

Foto: AP/Bernd Kammerer

Das "Beschäftigungspaket II" ist noch gar nicht durch, da setzt Sozialminister Rudolf Hundstorfer auf ein rasches Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der dramatisch gestiegenen Jugendarbeitslosigkeit.

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Wien - Die Sozialpartner, die sich gerade mitten in den Verhandlungen über das Beschäftigungspaket II befinden, staunten am Dienstag nicht schlecht, als Rudolf Hundstorfer um einen kurzfristigen Termin bat. Der Arbeits- und Sozialminister will mit ihrer Hilfe rasch auf die gestiegene Jugendarbeitslosigkeit reagieren - "in fünf Wochen" soll ein Maßnahmenpaket stehen, sagt er dem STANDARD.

Auch erste Stoßrichtungen gibt der frühere Gewerkschaftschef preis. Es geht um die Umschulung von Jugendlichen auf andere Berufe sowie um die Weiterbildung. Zudem will er das Nachholen des Lehrabschlusses beflügeln. Die Initiative soll stark regional eingebettet sein. Dabei dürfte der Ressortchef u.a. auf das Programm des Arbeitsmarktservice für die Schnellausbildung zum Facharbeiter aufsetzen, das von den Landesstellen des AMSerfolgreich umgesetzt wird.

Die Sozialpartner sehen die Initiative in einer ersten Reaktion positiv. Arbeiterkammer-Experte Christoph Klein bringt gleich weitere Vorschläge mit, sei doch die Qualifizierung in der Rezession die beste Möglichkeit, die Zeit bis zum nächsten Aufschwung zu nützen. So setzt er auf begleitende Maßnahmen, um Versäumnisse der Schulbildung und Defizite in der Sozialisierung zu kompensieren. Damit werde die Chance erhöht, dass Betriebe Jugendlichen einen Lehrplatz zur Verfügung stellten.

Würden die Herausforderungen nicht bewältigt, sitze man auf einer "gesellschaftspolitischen Zeitbombe", erklärt Klein. Wie berichtet ist die Arbeitslosigkeit in Österreich im Februar im Vergleich zum Vorjahresmonat um ein Viertel auf mehr als 300.000 Personen (ohne Schulungen) gestiegen. Bei Jugendlichen (unter 25 Jahren) fiel der Anstieg nach Altersgruppen mit 36 Prozent auf 47.428 Jobsuchende am stärksten aus.

Reformpaket

Hundstorfer bekräftigt seine Absicht, einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit entgegenwirken zu wollen. "Ich hoffe, dass der befürchtete Anstieg der Arbeitslosen um 100.000 nicht erreicht wird", erklärt der Ressortchef. Neben dem Programm für Jugendliche will er bis zum Sommer das "Beschäftigungspaket II" umsetzen. Mit der Aufstockung der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik auf eine Mrd. Euro stünden dafür die finanziellen Ressourcen zur Verfügung. Die Eckpunkte, über die am Montag weiter verhandelt wird:

Altersteilzeit: Das jetzige Modell hat wegen der Pensionsreformen und "Hacklerregelung" massiv an Attraktivität verloren. Künftig soll die Altersteilzeit früher in Anspruch genommen werden (Männer ab 58, Frauen ab 53 Jahren). Sie würden dann beispielsweise zwei Jahre weiter normal arbeiten, die nächsten zwei Jahre zwar beschäftigt bleiben, aber aus dem Berufsleben ausscheiden. Der Einkommensausfall wird teilweise vom AMSkompensiert. Neu ist überdies, dass Betriebe mit weniger als 20 Beschäftigten pro Förderungsfall keine Ersatzbeschäftigten mehr aufnehmen müssen.

Leiharbeiterstiftung: Das massive Anschnellen der Arbeitslosigkeit bei Zeitarbeitern soll über eine Stiftung der Branche aufgefangen werden. Über eine Beteiligung der Betriebe an den Kosten wird derzeit noch gerungen.

Bildungsteilzeit: Analog zur Kurzarbeit sollen Teilzeitmodelle entwickelt werden, die mit Bildungsaktivitäten einhergehen. Bisher gibt es Förderinstrumentarien - beispielsweise das Solidaritätsprämienmodell -, für die die Einstellung neuer Arbeitskräfte Voraussetzung ist. Derartige Auflagen sollen fallen.

Andere Vorschläge kommen von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD): Sie fordert eine höhere Beschäftigung Älterer sowie die Abschaffung von Instrumenten, die den vorzeitigen Pensionsantritt fördern. Die Invaliditätsrente sollte nur von Personen, die nicht zu Berufsausübung in der Lage seien, in Anspruch genommen werden können. Auch die hohen Abgaben auf die Löhne werden als jobhemmend angeprangert. Überdies spricht sich die OECDfür eine automatische Koppelung des Pensionsantrittsalters an die steigende Lebenserwartung aus. Weitere Empfehlungen: Liberalisierungen und später auch Privatisierungen in den Bereichen Telekom, Strom oder Gas. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.3.2009)