Bild nicht mehr verfügbar.

Claudia Schmied.

Foto: APA/Jäger

Auch Kuscheln erfordert einige Übung. Das ist vielleicht im rezenten Mutter-Kind-Verhältnis ein Auftrag der Natur, in weniger natürlichen, etwa koalitionären Verhältnissen heißt es fleißig trainieren. Die Art, in der Unterrichtsministerin Claudia Schmied die Schulreform voranzutreiben gewillt ist, ist zunächst ins hierzulande Nächstliegende gemündet, in intensives Lehrer-Bashing. Sobald die Streikdrohungen der einen und die Faulenzervorwürfe der anderen Seite ein wenig verraucht sind, wird sichtbar werden, wer welchen Anteil daran hat, dass es zunächst einmal so gekommen ist. Das Protokoll der koalitionären Vereinbarung, laut der allfällig notwendige Reformmaßnahmen (wie etwa Dienstrecht, Lehrverpflichtung, Fortbildung in der unterrichtsfreien Zeit u. a.) legistisch im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes umgesetzt werden, ist inzwischen an die Öffentlichkeit gelangt, und es hat den Vizekanzler auf der Flucht vor den Blitzen des Beamtenzeuses Neugebauer zu der mannhaften Feststellung im "Standard" getrieben: "Ich lasse mich da nicht hineinziehen."

Wäre auch noch schöner, in etwas hineingezogen zu werden, das man selber ausgehandelt hat. Dennoch reichte dem Finanzminister die binsenweise Präzisierung im Protokoll, die Umsetzungsverantwortung liegt bei Frau BM Schmied, Zweifel an der Seriosität der Vertragspartnerin zu streuen, die die Lehrer, unterfüttert mit Sätzen wie "Es kann keine Schulreform mit der Brechstange geben", davon überzeugen sollten, wie gut ihre Interessen bei Pröll Josef aufgehoben sind. Wäre Bauernschläue ein Pflichtgegenstand, müsste unbedingt seine Sentenz ins Lehrbuch: Ich verabschiede mich aber nicht von meinem Budget. Das tue ich nicht. Aber was ich verlange: dass Minister mit ihren Maßnahmen nicht Betroffene brüskieren.

Abgesehen davon, dass ihm ein solches Verlangen gar nicht zusteht, weil in Österreich nicht einmal der Bundeskanzler Vorgesetzter eines Ministers, einer Ministerin ist, geschweige denn sein Vize, ist dieser Stil, sich von Mitverantwortung abzuputzen, wo es brenzlig werden könnte, wenig kuschelig. Als Brechstangen schwingende Lehrerschinderin markiert, ließ die Ministerin indes vom Versuch, den Vizekanzler da in etwas hineinzuziehen, nicht ab. Sie schrieb ihm einen Brief, aus dem die Grazer "Kleine Zeitung" am Wochenende zitierte:"Du hast mir Deine volle Unterstützung bei strukturellen Reformen im Personalbereich, so auch bei der Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung, zugesichert", wobei den koalitionär Beteiligten offenbar klar war, diese Maßnahme werde "auf erheblichen Widerstand der Lehrergewerkschaft stoßen".

Sicher, ganz auszuschließen ist nicht, dass die halluzinogene Ausstrahlung eines Finanzministers während der Budgetverhandlungen ihre Wirkung auf die Unterrichtsministerin nicht verfehlte, in deren Bann sie seine Weigerung, sich in etwas hineinziehen zu lassen, als Aufforderung deutete, zur Brechstange zu greifen. Unter normalen Umständen sollte sich in dieser Koalition der Weichspüler darüber Klarheit schaffen lassen. Nur leider sind wir von solchen Umständen weit entfernt, wie eine Wortspende des Chefs der SP-Gewerkschafter, Wilhelm Haberzettl, erhellte. Der charakterisierte, wieder im "Standard", den Reformwillen der Unterrichtsministerin mit dem monumental-patriotischen Satz: "Das würde der österreichischen Kultur widersprechen." Wo er recht hat, hat er recht.

Österreichische Kultur feierte Sonntag auch in Kärnten mit der Zementierung eines lokalen Witzboldes als Landeshauptmann nekrophile Urständ. Das versteht heute nicht einmal der gestandene Blaue. Noch unmittelbar vor der Wahl verriet der Kärntner FP-Chef Franz Schwager in "Zur Zeit" sein langjähriges Erfolgsrezept. Die Stimmung ist günstig und in meinem Wahlkreis sind die freiheitlichen Wähler betont nationale Wähler. Dem trage ich Rechnung, weil ich Funktionär beim Kärntner Kämpferbund und Mitglied beim Kameradschaftsbund bin und diese Wählergruppe bediene. Damit bin ich immer gut gefahren, denn ich bin seit 20 Jahren im Kärntner Landtag und damit der dienstälteste Abgeordnete und habe bis jetzt immer ein Grundmandat gemacht.

Bis jetzt. Irgendwie geahnt hatte man bei "Zur Zeit" aber schon, dass Kämpfer und Kameraden einem neuen Phänomen weichen würden: Was der "Kronen Zeitung" der rührselige Kräuterpfarrer Weidinger ist, ist für das BZÖ die Person Jörg Haiders. Nur: Die Rührseligsprechung Haiders hat der FPÖ mehr geschadet. (Günter Traxler/DER STANDARD; Printausgabe, 3.3.2009)