Leverkusen  - Die Wirtschaftskrise macht dem deutschen Chemie- und Pharmariesen Bayer durch Einbrüche in seinem Kunststoffgeschäft zunehmend zu schaffen. Obwohl der Umsatz 2008 um 1,6 Prozent auf knapp 33 Mrd. Euro zulegte, sank der Gewinn um 60 Prozent auf 1,7 Mrd. Euro. Bayer hält 2009 bei einer anhaltend schlechten Geschäftsentwicklung in der Kunststoffsparte auch begrenzte Rückgänge auf Konzernebene für möglich.

"2009 überwiegen die Unsicherheiten und es wird ohne Zweifel ein schwieriges Jahr", sagte Vorstandschef Werner Wenning am Dienstag bei der Bilanzvorlage in Leverkusen. Der Konzern sei aber mit seinen drei Standbeinen gut aufgestellt. In der Arzneimittel- und der Pflanzenschutzsparte erwartet der Vorstand weitere Ertragssteigerungen. Die Forschungsausgaben sollten in diesem Jahr mit 2,9 Mrd. Euro bei Bayer so hoch sein wie nie zuvor.

Die Kunststoffsparte sei noch schwächer als erwartet ins neue Jahr gestartet, sagte Wenning. Deshalb müsse sich die Sparte für 2009 auf gravierende Rückgänge beim Umsatz und beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) vor Sondereinflüssen einstellen. Bei diesem Negativ-Szenario sei Bayer dennoch zuversichtlich, dass für den Konzern der Rückgang im EBITDA vor Sondereinflüssen auf etwa fünf Prozent begrenzt werden könne. Der Konzernumsatz dürfte dann etwa 32 Mrd. Euro betragen. Sollte kurzfristig eine Erholung im Kunststoffgeschäft eintreten, könnte Bayer beim EBITDA vor Sondereinflüssen des Konzerns ans Vorjahresniveau anknüpfen oder eine leichte Steigerung erzielen.

Florierendes Geschäft mit Pillen und Pestiziden

Wenning bewertete 2008 als das "operativ erfolgreichste Jahr in der langen Geschichte von Bayer". 2008 war der Konzernumsatz dank der florierenden Geschäfte mit Pillen und Pestiziden um 1,6 Prozent auf knapp 33 Mrd. Euro gestiegen. Das Vorsteuerergebnis nahm um 5,5 Prozent auf rund 2,36 Mrd. Euro zu. Unter dem Strich verdiente Bayer erwartungsgemäß deutlich weniger. Der Gewinn sank um mehr als 60 Prozent auf gut 1,7 Mrd. Euro. 2007 hatten der Verkauf von Geschäften und Steuereffekte den Gewinn um 3,3 Mrd. Euro in die Höhe getrieben. Die Dividende soll um 5 Cent auf 1,40 Euro je Aktie steigen. Das entspricht der Rekordhöhe für das Jahr 2000.

Im vierten Quartal 2008 konnten die Zuwächsen bei den Arznei- und Pflanzenschutzmittel den Einbruch bei Kunststoffen nicht mehr ausgleichen. In der Kunststoffsparte sank der Quartalsumsatz um ein Fünftel auf gut zwei Mrd. Euro. Das EBIT vor Sondereinflüssen rutschte in dem Segment mit minus 86 Mio. Euro sogar in den roten Bereich. In der Folge sank der Quartalsumsatz des Konzerns um 1,5 Prozent auf knapp acht Mrd. Euro. Das Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) vor Sondereinflüssen schrumpfte um 8,8 Prozent auf 706 Mio. Euro. Der Quartalsgewinn des Konzerns stieg aber durch Steuereffekte um fast 60 Prozent auf 106 Mio. Euro.

Die weitere Entwicklung im Kunststoffgeschäft werde abgewartet, bevor über mögliche weitere Kostensenkungen entschieden werde, sagte Wenning. Im Februar wurde die Wochenarbeitszeit der Tarifmitarbeiter in der Kunststoffsparte in Deutschland um 2,5 auf 35 Stunden mit entsprechenden Lohneinbußen reduziert. Betriebsbedingte Kündigungen sind ohnehin durch eine Gesamtbetriebsratsvereinbarung bis Ende 2009 ausgeschlossen.

Kündigungen sollen verhindert werden

Bayer wolle auch in Zukunft, wenn es machbar sei, betriebsbedingte Kündigungen verhindern, sagte er. Dafür brauche man Flexibilität in der Beschäftigung, Bezahlung, Arbeitszeit und in den Standorten. Darüber wolle man noch mit Arbeitnehmervertretern reden.

Der Vorstandschef schloss Verkäufe von Bayer-Geschäften nicht aus. Die Kunststoffsparte, die 2008 rund 30 Prozent des Konzernumsatzes stellte, bleibe aber Teil des Konzerns. Die Sparte habe 2006 und 2007 gut verdient und werde nach der Krise wieder wachsen. Die wichtigsten Abnehmerbranchen für die Kunststoffe aus dem Hause Bayer sind die Bau-, Auto-, Elektro- und Möbelindustrie. Bei Zukäufen will sich Bayer weitgehend zurückhalten. Ein milliardenschwerer Einkauf stehe 2009 nicht auf der Tagesordnung. Bayer sei grundsätzlich nicht am Kauf eines Generika-Herstellers interessiert. Vorrang habe 2009 der Abbau der Schulden von 14,2 Mrd. in Richtung zehn Mrd. Euro. (APA/dpa)