Für den Wiederaufbau des zerstörten Gazastreifens fanden sich in Ägypten relativ leicht Milliardenbeträge. Der politische Wille für einen neuen Friedensprozess im Nahen Osten lässt sich damit allerdings nicht kaufen.

***

Die Tische stehen in Doppelreihen. Ein dunkelblauer, abgewetzter Spannteppich verschlingt das verhaltene Murmeln von hunderten Diplomaten. Man grüßt einander, man kennt einander. Benita Ferrero-Waldner küsst Javier Solana, Karl Schwarzenberg schüttelt Michael Spindelegger die Hand.

Und alle machen Hillary Clinton, der mächtigen US-Außenministerin, ihre Aufwartung, die zum ersten Mal in ihrer neuen Funktion den Nahen Osten bereist und von der viele so etwas wie politische Wundertätigkeit erwarten. Nur wenige Meter entfernt sagt einer aus der Entourage des saudischen Außenministers Saud al-Faisal zum STANDARD: "Ach wissen Sie, Geld für die Palästinenser ist nicht das Problem. Es ist der politische Wille, den kann man leider nicht kaufen. Für den muss vor allem sie sorgen."

Hotel Maritim, Sharm el-Sheikh. Delegationen aus mehr als 70 Ländern sind zur Geberkonferenz für den Wiederaufbau des Gazastreifens nach Ägypten angereist, dazu noch ein Dutzend Vertreter internationaler Organisationen. Die Wünsche sind allenthalben groß, die Erwartungen dagegen umso geringer. Der ägyptische Präsident und Gastgeber Hosni Mubarak malt gleich zu Beginn ein pessimistisches Bild der Situation im Nahen Osten: "Die Situation ist extrem gefährlich. Es gibt Extremisten, die uns alle in den Abgrund reißen wollen. Es gibt militärische Konfrontationen, die drohen. Das Schicksal unserer Region wird den Weltfrieden wesentlich beeinflussen."

Clinton: Krise als Chance

Ja, natürlich, alle wollten den Frieden für diese geplagte Region. Dafür brauche es aber politische Perspektiven, beschwört Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy die Konferenz. "Der Status quo befördert die Terroristen, es ist an der Zeit zu handeln. Auf was sollen wir denn warten? Je länger wir uns Zeit lassen, desto weniger vernünftige Leute werden wir auf beiden Seiten antreffen." Der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon fordert dann die umgehende Öffnung Gazas für Hilfslieferungen, und Clinton wirft ein, die Krise doch als Chance für neue Initiativen zu begreifen. Reihum nicken die Minister.

Mehr als Geld ist für den Nahost-Friedensprozess an diesem Montag dennoch nicht drin. Die Saudis versprechen den Palästinensern eine Milliarde Dollar, die Amerikaner 900 Millionen, die Deutschen 190 Millionen und Österreich immerhin noch deren vier. 4,5 Milliarden Dollar sind es am Ende, umgerechnet 3,55 Milliarden Euro - weit mehr, als die palästinensischen Behörden für den Wiederaufbau Gazas veranschlagt haben.

Zerstörung und Wiederaufbau

Alle anderen Unwägbarkeiten allerdings bleiben. Wie den "Zyklus von Zerstörung und Wiederaufbau" (Arabische-Liga-Generalsekretär Amr Moussa) durchbrechen? Darauf hat keine der Delegationen eine zwingende Antwort.

In Gesprächen mit Außenminister Spindelegger (siehe auch  Interview) hat dessen ägyptischer Amtskollege und Vermittler zwischen den verfeindeten palästinensischen Lagern Ahmed Abul Gheit zwar erklärt, dass diese sich wohl auf eine Einheitsregierung einigen würden - wenn nicht bis März, dann eben etwas später. Die Frage für alle bleibt dennoch, ob diese Regierung einen handlungsfähigen Gegenpart in Israel bekommen wird. "Das Problem ist, dass wir momentan keinen kooperationswilligen Ansprechpartner in Israel haben" , sagt ein hoher EU-Diplomat, der ungenannt bleiben will.

Beinahe wie zur Bestätigung treffen schon kurz nach Beginn der Konferenz Nachrichten aus Israel in Sharm el-Sheikh ein, die alles andere als Optimismus erzeugen: Die israelische Behörden, meldet das israelische Armeeradio, planten in den Siedlungen der Westbank 73.000 zusätzliche Wohneinheiten. Werden diese realisiert, würde sich die Zahl der Siedler in den besetzten palästinensischen Gebieten auf 600.000 verdoppeln. (Christoph Prantner aus Sharm el-Sheikh/DER STANDARD, Printausgabe, 3.3.2009)