Frauen in Führungs-Positionen sind motiviert, sich neuen Herausforderungen zu stellen.

Foto: Accenture

Führungskräfte werden zu wenig gefordert und erleben das auch selbst so. Und besonders Frauen wird scheinbar zuwenig abverlangt. Sie sind motiviert sich Herausforderungen zu stellen, werden aber in ihren Karriereansprüchen noch immer nicht ernst genug genommen. Bei vielen liegt daher großes Potenzial brach. Dabei sind beispielsweise österreichische Managerinnen mit 38 Prozent, im Gegensatz zu nur 26 Prozent ihrer männlichen Kollegen, motiviert, sich neuen Herausforderungen zu stellen.

Das ist das Ergebnis der aktuellen Diversity-Studie "Untapped Potential: Stretching Toward the Future" des internationalen Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleisters Accenture. "Wir sind davon überzeugt, dass die beste Dienstleistung jener bieten kann, der einen Mix aus unterschiedlichen Mitarbeiter-Talenten hat", erklärt Heidemarie Schutt, Partnerin bei Accenture Österreich, die Motivation des Unternehmens bereits zum achten Mal eine Studie zum Thema Frauen durchzuführen. Befragt wurden 3.600 weibliche und männliche Führungskräfte quer durch alle Branchen in 18 Ländern.

Zu wenig Herausforderung und Förderung

46 Prozent der befragten Frauen in Führungspositionen fühlen sich im Job nicht
wirklich herausgefordert. Dennoch beschreiben sich sechs von zehn trotzdem als "erfolgreich" oder "sehr erfolgreich". Schutt ortet hier „unangetastetes Potenzial", das
Unternehmen - gerade in der "Krise" - zu intensiverem Ausschöpfen brachliegender Ressourcen zwingen werde. Als besonderer Erfolgsfaktor gilt laut der Studie Technik. Die Mehrzahl der Studienteilnehmerinnen, die sich als „sehr erfolgreich" bezeichneten, bedienen sich verstärkt neuer Technologien. Dennoch nützten Frauen Technik eher als notwendiges, unterstützendes Arbeitsinstrument während Männer zusätzlich einen spielerischen Faktor darin sähen, so Schutt.

Interessant ist, dass es österreichischen Managerinnen trotz guter Selbsteinschätzung deutlich an Selbstbewusstsein mangelt. Während fast 90 Prozent der Mexikanerinnen und Brasilianerinnen auf ihre Fähigkeiten vertrauen, sind die Österreicherinnen mit 74 Prozent viel weniger selbstbewusst. Doch auch die Männer sind in dieser Frage in Österreich nicht selbstbewusster.

Holschuld

In Österreich fordern nur 38 Prozent der Frauen (und 26 Prozent der Männer, Anm.) von ihren Vorgesetzten herausfordernde Aufgaben ein. Doch über 80 Prozent jener Frauen, die sich als "erfolgreich" bezeichnen, sind bereit zusätzliche Aufgaben wahrzunehmen um die Karriere voranzutreiben. Auch die Bereitschaft sich dafür neue Fähigkeiten anzueignen ist mit 78 Prozent hoch. Hier liegt sehr viel ungenutztes Potenzial.

Auch beim Finanziellen halten sich die Forderungen der Frauen in Grenzen: Nur 48 Prozent der Befragten verlangen aktiv nach einer Erhöhung ihres Gehalts (56 Prozent der Männer). Auch bei Beförderungen sind Frauen zurückhaltender: Nur 37 Prozent der Frauen sprechen aktiv Beförderungswünsche aus (42 Prozent der Männer). Die Ergebnisse sind für Österreich noch schlechter: Nur 27 Prozent der Frauen und ein Drittel der Männer fordern die nächste Karrierestufe aktiv ein.

Motivation bei Frauen und Männern

Der aktuelle internationale Vergleich zeigt, dass österreichische Arbeitnehmer im
Gegensatz zu jenen der Schwellenländer insgesamt weniger gewillt sind, für die Karriere
Abstriche beim persönlichen Lebenskomfort zu machen. Während die männlichen und weiblichen Befragten aus Brasilien (77 Prozent), China (77 Prozent) und Indien (69 Prozent) sich aktuell neue Fähigkeiten aneignen und bestehende ausbauen und Herausforderungen positiv annehmen, sind in Österreich nur rund 42 Prozent dazu bereit. Nur ein Viertel ist bereit, härter zu arbeiten, um sich von den Kollegen abzusetzen. Die Bereitschaft, regelmäßig neue Aufgaben und neue Verantwortung zu übernehmen, um auf der Karriereleiter voranzukommen, liegt bei 56 Prozent. Nur 30 Prozent der Österreicher sind bereit, der Karriere wegen ins Ausland zu ziehen.

In der Kategorie der "sehr erfolgreichen" Managerinnen sieht die Motivationsverteilung allerdings anders aus: Mehr als acht von zehn Frauen geben an, dass sie zusätzliche Verantwortung und Herausforderungen annehmen um ihre Karriere voranzutreiben. Drei Viertel fordern sich international regelmäßig außerhalb der „Comfort Zone", in Österreich sind das mit 58 Prozent etwas weniger.

Ungenutztes Potenzial

"Frauen sind weltweit hoch motiviert Herausforderungen anzunehmen, man müsste aber mehr aus ihnen herausholen", resümiert Schutt. Ihre Botschaft an Unternehmen: "Der Nachwuchs an neuen jungen Talenten wird weniger, daher wird es immer wichtiger die vorhandenen - und damit auch die Frauen - zu fördern." Firmen, die primär männerorientiert sind prophezeit sie einen schrumpfenden Talentepool. (Marietta Türk, derStandard.at, 2.3.2009)