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Boris Nemsic expandiert nun selbst in den Osten.

Foto: APA/Georg Hochmuth

Wien- Die heimische Telekombranche verliert ihren bekanntesten Vertreter: Zwölf Jahren nach seinem Eintritt bei der Telekom Austria kehrt Boss Boris Nemsic dem teilstaatliche Unternehmen den Rücken zu um den Chefsessel beim russischen Großkonzern VimpelCom mit 1. April zu erklimmen. Zum Abschied streute die Branche, die sich in einem weltweit einzigartigem Preiskampf befindet, in einem APA-Rundruf Nemsic kräftig Blumen.

"Faire und professionelle Art"

Orange-Chef Michael Krammer, der der Telekom-Tocher Mobilkom damals noch als tele.ring-Boos erheblich zugesetzt hatte, sprach heute von einem "exzellenten Techniker und Manager mit Weitblick, der maßgeblich an der Entwicklung der Mobilfunkbranche beteiligt war". T-Mobile-Vorstandsvorsitzender Robert Chvatal lobte die "faire und professionelle" Art eines "legeren und umgänglichen Managers", der in der Branche allseits anerkannt wurde. Und "3"-Chef Berthold Thoma ergänzte: "Seine Leidenschaft, sein Know how und sein Verständnis für den Markt, die Bedürfnisse der Kunden und technische Innovationen waren maßgebliche Faktoren für die erfolgreiche Positionierung des Konzerns."

Unterschiedlicher ist die Sicht der Telekom-Belegschaft. Während er für manche Arbeitnehmervertreter ein kühler Technokrat war, der Konzernpolitik auf dem Rücken der Beschäftigen betrieben habe, verwiesen andere auf die wirtschaftliche Erfolge, die dem ehemals staatlichen Betrieb eine Schicksal der AUA erspart habe. Fakt ist, dass Nemsic den von Heinz Sundt eingeleiteten Umbau von einem Staatsbetrieb zu einem Marktführer ohne große Arbeitskonflikte über die Runden brachte.

Nemsic, 1957 in Sarajevo (Bosnien-Herzegowina) geboren, studierte Elektrotechnik in der später vom Bürgerkrieg teilweise zerstörten Stadt und promovierte 1990 an der TU Wien (Institut für Nachrichten- und Hochfrequenztechnik ). Danach wechselte er zu Ascom und Bosch Telecom in Wien, Solothurn (Schweiz) und Berlin. 1997, als der österreichweite Startschuss für den Mobilfunkausbau fiel, wurde er Bereichsleiter Netzplanung der Mobilkom. Seine Liebe zur Technik ist ihm bis heute geblieben, wie Mitarbeiter berichten.

Familienmensch und Workaholic

Bereits ein Jahr später wurde der bosnische Kroate Chef der kroatischen Mobilkom-Tochter Vipnet, um ein weiters Jahr später den Chefsessel der Mobilkom zu erklimmen. Spätestens seit damals galt der Familienmensch und gleichzeitige Workaholic Nemsic als Kronprinz des damaligen Telekom-Chefs Heinz Sundt. Während letzterer als distanziert beschreiben wurde, erwarb sich Nemsic mit seiner unkomplizierten Art schnell Sympathien, nicht zuletzt bei den Medien. 2006 beerbte Nemsic Sundt und blieb gleichzeitig Chef der Cash-Cow Mobilkom. Nemsic expandierte mit dem Mobilfunker kräftig in Richtung Südosteuropa, wo das Unternehmen zurzeit in sieben Ländern vertreten ist. Ihm zur Seite stand sein langjähriger Marketingchef Hannes Ametsreiter, der 2009 zum Festnetzchef der Telekom ernannt wurde und nun als heißester Kandidat für die Nachfolge von Nemsic gilt. (APA)