Nicht nur die Gründungsmannschaft der Plattform SOS-ORF, auch andere ORF-Mitarbeiter wollen das "offensichtliche politische Mobbing gegen den ORF und seine Geschäftsführung", so Peter Huemer, nicht mehr auf sich sitzen lassen. "Wir wehren uns dagegen, dass Krethi und Plethi den ORF als öffentliches Pissoir benutzen", wetterte ORF-Magazinchef Johannes Fischer.

Offener Brief

Unter Fischers Federführung dürfte demnächst ein offener Brief entstehen, in dem sich die ORF-Hauptabteilungsleiter gegen das aktuelle ORF-"Bashing" aus Politik und Medien auflehnen. Die Akzeptanz der ORF-Programme sei viel höher, als es die mediale Berichterstattung darstellt, so Fischer, räumte aber ein: "Ja, wir haben Struktur- und Budgetprobleme." Es könne aber nicht sein, dass "der Generaldirektor ein halbes Jahr lang am Krepierhalfter durch die Gegend gezogen wird." Dafür sei "die Politik verantwortlich".

"Das ist eine ganz üble Sache"

Auch Huemer, vor einigen Jahren Aushängeschild der Plattform SOS-ORF, kritisiert den gegenwärtigen politischen Würgegriff gegen den ORF. "Das ist eine ganz üble Sache", sagte er. Das Problem: "Es geht hier nicht um eine Auseinandersetzung mit Argumenten." Natürlich stehe es jedem Politiker frei, mit Argumenten in der Öffentlichkeit gegen den öffentlich-rechtlichen Sender zu wettern - "Argumente sehe ich hier aber nicht".

Wenn die "Kronen Zeitung" die Geschäftsführung "tot schreibt, bevor diese noch ihr Konzept vorlegen konnte - und das bei der bekannten notorischen Nähe des Kanzlers zur 'Krone'- dann entsteht hier ein Druck, der nicht im Interesse des ORF und der Gebührenzahler sein kann." Das Mobbing seitens der Regierungspolitik lasse laut Huemer "für die Zukunft auch für den Bereich der Information das Allerschlimmste befürchten".

Schüller: "Werden uns zu wehren wissen"

"Sollte jemand versuchen, uns wieder mehr in Richtung Hofberichterstattung und Verlautbarungsjournalismus zu drängen, werden wir uns zu wehren wissen", stellte Christian Schüller, "Am Schauplatz"-Leiter und Gründungsmitglied von SOS-ORF, klar. ORF-"Bashing" gebe es in dieser Form seit mehr als 20 Jahren. "Den Tonfall geben jeweils die Boulevard-Zeitungen an. Wie die Parteien versuchen sie mehr Einfluss auf den ORF zu erzwingen, indem sie ihn kaputt schreiben", glaubt Schüller.

Wandel "vom Zwangsbeglücker zum Anbieter"

Der ORF müsse wie andere vergleichbare Sender den Wandel "vom Zwangsbeglücker zum Anbieter" schaffen, der Unverzichtbares und Unverwechselbares liefert, ist der Journalist überzeugt. "Das bedeutet auch, mehr selber zu produzieren, aber Eigenproduktionen kosten viel Geld. Dieses Geld kann nur von Einsparungen in der Struktur kommen." Weiters müsse sich ein Fernsehsender heute viel stärker als früher an den Kunden orientieren und Service bieten. "Aus diesen beiden Gründen müssen viele Prioritäten neu gesetzt werden. Aber die Regierungsparteien machen es sich zu leicht. Sie fordern jetzt mit vorgehaltener Pistole etwas ein, was sie jahrzehntelang selbst verhindert haben." (APA)