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Michael Kocab, Minister für Menschenrechte

Foto: APA/EPA/Svozilek

Prag - Der tschechische Minister für Menschenrechte und Minderheiten, Michael Kocab, wird demonstrativ eine Woche in einem von Roma bewohnten Plattenbau im nordböhmischen Chomutov (Komotau) wohnen, wo "Nicht-Zahler" leben. Zeitungsberichten vom Freitag zufolge folgt er damit einer Einladung der Bürgermeisterin der Stadt, Ivana Rakova, um am eigenem Leib zu erfahren, wie das Leben in einer sogenannten Problem-Siedlung ist.

"Ja, ich werde hingehen, sobald ich einen geeigneten Termin gefunden habe. Das Wie und Wann ist nur eine technische Frage", erklärte Kocab, der zuvor das Angebot der Bürgermeisterin abgelehnt hatte. Nun hat er seine Meinung geändert unter der Bedingung, dass er die Möglichkeit hat, seine Amtsgeschäfte von der Roma-Siedlung aus fortzusetzen.

Sozialleistungen einbehalten

Der Streit zwischen Prag und Chomutov war ausgebrochen, nachdem das örtliche Sozialamt in Chomutov begonnen hatte, von den "Nicht-Zahlern" der Wohnungsmieten einen Teil der Sozialleistungen einzubehalten. Kocab bezeichnete diesen Vorgang als gesetzeswidrig und erklärte, die Bürgermeisterin müsse selbst die Regeln respektieren, wenn sie von den "unanpassungsfähigen Bürgern" die Einhaltung der Gesetze fordere.

Rapkova erwiderte, sie werde die Konfiszierungen der Sozialleistungen nicht stoppen. "Der Herr Minister soll persönlich hierherkommen und sich mit der Situation in der Stadt vertraut machen, bevor er uns zu etwas auffordert", erklärte die Bürgermeisterin. Sie fügte hinzu, dass sich zu Beginn der Konfiszierungen bereits 220 Schuldner gemeldet hätten, um einen Zahlungs-Kalender zu vereinbaren.

Parteiloser Rockmusiker

Der parteilose tschechische Rockmusiker Kocab wurde von den Grünen erst im Jänner für das Ministeramt nominiert. In der Politik war er jedoch schon zuvor tätig. Nach dem Fall des Kommunismus hatte er als Abgeordneter der tschechoslowakischen Föderativen Versammlung eine Kommission geführt, die den Rückzug der sowjetischen Truppen aus der Tschechoslowakei beaufsichtigte.

Chomutov zählt zu jenen Städten in Nordböhmen, in denen die Roma konzentriert in einer Siedlung von Gemeindewohnungen leben. In diesen Plattenbausiedlungen herrscht hohe Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Beschwerden der Nachbarn über die hygienischen Zustände sind auf der Tagesordnung. Die desolate Situation in diesen Problemsiedlungen sind ein Nährboden für verschiedene rechtsextreme Gruppierungen, darunter die "Arbeiterpartei" (Delnicka strana, DS), die in Nordböhmen bereits mehrere gegen Roma gerichtete Protestmärsche veranstaltet hat. (APA)