Um Geld vom Bund für ihren Gratiskindergarten verhandeln die Wiener ab kommender Woche. Derweil wollen sie 75 Millionen mehr investieren.

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Rust - Am Freitag gab es bei der SP-Klubklausur im burgenländischen Rust bereits nach zehn Minuten Standing Ovations, als Bürgermeister Michael Häupl ankündigte, dass Krippen und Kindergärten in Wien ab September "für alle Kinder von null bis sechs Jahren" gratis sein sollen. Bisher hatte der Plan gelautet, den Kindergarten nur für die Fünf- bis Sechsjährigen gratis anzubieten. Die Verhandlungen dazu sollten kommende Woche beginnen.

Bisher hatte der höchste Elternbeitrag in Gemeindekindergärten 226 Euro betragen. Die Betreuung im Gratiskindergarten soll ganztägig angeboten werden, lediglich einen Kostenbeitrag für das Mittagessen (derzeit 53 Euro pro Monat) wird es auch weiterhin geben. Für die Null- bis Dreijährigen wird weiterhin Berufstätigkeit der Eltern Voraussetzung für einen Platz sein.

"Klotzen, nicht kleckern"

"Für uns sind Kindergärten keine Kindergarderobe, wo man sein Kind temporär abgibt, sondern eine pädagogische Einrichtung" , sagte Häupl in seiner Rede. Dafür sollen zu den bisher 265 Millionen Euro, die die Stadt jährlich für Kindergärten ausgibt, weitere 75 Millionen pro Jahr investiert werden. Wien könne sich "diese größte Mittelstandsförderung" leisten. "Wir wollen klotzen und nicht kleckern" , sagte der Bürgermeister.

Die 75 Millionen Euro sollen ab 2010 aus dem regulären Budgettopf fließen. Heuer werde man für die Kosten ab September 30 Millionen Euro benötigen, die aus den Rücklagen finanziert würden, sagt Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner. Noch nicht eingerechnet ist das Geld, das Bildungsstadträtin Grete Laska mit Staatssekretärin Christine Marek für die Gratisbetreuung von Fünf- bis Sechsjährigen ausverhandeln will. "Ziel ist es, vom Bund möglichst viel zu bekommen" , sagte Häupl.

Auch Eltern von Kindern, die in Privatkindergärten betreut werden, sollen künftig nichts bezahlen müssen. Voraussetzung dafür ist, dass die Kosten des Privatkindergartens nicht jene des Gemeindebetriebes übersteigen. Mit den Trägervereinen wird ab Montag verhandelt.

Dass es nun zu einem Run auf die Krippen und Kindergärten kommen wird, glaubt die zuständige Stadträtin Grete Laska nicht. Deswegen befürchtet sie auch keine Raum- und Personalnot. "In den städtischen Kindergärten gibt es derzeit 2500 Gruppen, im Lauf des Jahres 2010 soll auf 3500 Gruppen aufgestockt werden. Vergangenes Jahr waren laut Statistik Austria in Wien 11.593 null- bis zweijährige und 40.264 drei- bis fünfjährige Kinder in Betreuung, 80 Prozent von ihnen mit Migrationshintergrund" .

Ungefähr 10.000 Betreuerinnen waren in den städtischen und privaten Einrichtungen für sie zuständig. Wie viele Betreuerinnen nun zusätzlich benötigt werden, kann Laska noch nicht abschätzen. Im Rahmen der Programme "Pick up" und "Change" , welche Menschen, die ihren Beruf ändern wollen, ansprechen, will man rechtzeitig Interessierte für den Pädagogenberuf gewinnen. (Bettina Fernsebner-KokertMarijana Miljkovic/DER STANDARD Printausgabe, 28. Februar/1. März 2009)