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"Oje, hab ich zu Hause die Fenster geschlossen?" Auch einen John Wayne dürfte mitunter Banales beschäftigen. Meint Regisseur Dominik Kuhn (unten), der den Westernheld auf Schwäbisch synchronisiert.

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Witzig synchronisierte Spots machen dort die Runde. Auch Bruce Willis und Bollywood-Schönheiten mussten schon dran glauben. Dahinter steckt Filmregisseur Dominik Kuhn

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Es war einmal das Schwäbische auf Platz eins der unbeliebtesten Dialekte Deutschlands. Dann kam die Wende und mit ihm das Sächsische, das die Mundart aus Schwaben vom Thron stieß.

Das müsste in Österreich niemanden interessieren, gäbe es nicht YouTube. Denn dort erfreuen schwäbisch synchronisierte Filmszenen die Fans: Westernheld John Wayne, beispielsweise, Jack Bauer aus der Serie "24" und auch Bruce Willis: Sie schwätzen in breitem Schwäbisch über Probleme in der WG und mit Ebay oder die Frage, ob "Reutlinger Landeier" in Stuttgarter Clubs dürfen.

Fandubs bei Youtube

Fandub heißt dieses Phänomen, manche sagen Fundub dazu - und auch wenn Dominik Kuhn, Werbefilmregisseur und -produzent aus dem schwäbischen Reutlingen, keineswegs ihr Erfinder ist, hat er mit seinen Vertonungen unter dem Pseudonym "dodokay" die Fandubs in der YouTube-Ära wieder populär gemacht.

"In der Prä-Internetzeit gab es eine Truppe namens 'Sinnlos im Weltraum', die mit ganz archaischen Mitteln, mittels VHS-Videorecorder, Folgen von 'Star-Trek' nachvertont und die Ergebnisse auf CD-ROM verteilt hat", sagt Kuhn, dessen Spots inzwischen Millionenklicks erzielen. Anfang dieses Jahres schafften es exklusive Kuhn-Synchronisierungen ins Fernsehen zum Südwestrundfunk (SWR), und mittels Büro-Mails verbreiten sich gerade die Spots "Schwäbisch für Inder", in denen mit schmachtenden Bollywood-Szenen ganz profan für die Lüftungssysteme einer Reutlinger Firma geworben wird.

Aus einer Feierabendlaune heraus hatte sich Dominik Kuhn an seine Lieblingsserie "24" gesetzt und begonnen, Kiefer Sutherland alias Jack Bauer mit schwäbischem Zungenschlag reden zu lassen. Mit diesem Dialekt, den Kuhn als "sparsam" beschreibt und Nichtschwaben als weich, nasal, mit vielen "sch"-Lauten.

Das Rezept ist simpel, erklärt Kuhn: "Je diametraler das Thema von Original und Synchronisation sind, desto lustiger wirkt es." Beispiel Jack Bauer: "Er spricht ja über ein Milchschnittenpapier im Kompost, als wäre es eine Handgranate." Moderne Filme mit Schuss-Gegenschuss und schnell geschnitten funktionieren besser als ältere, dennoch musste eben auch ein John-Wayne-Western dran glauben, der zu "Grüß Gott, Herr Cowboy" verballhornt wurde. Und Barack Obamas Rede in Berlin geschichtsverklärte Kuhn kurzerhand zur "Eigentümervollversammlung Wilhelmstraße 48".

Ohne Drehbuch spricht Kuhn alle Personen eines Spots selbst ein: "Was die sagen werden, entwickelt sich beim Sehen der Filme. Wenn die Szene ein gutes Setting abgibt, dann findet jeder gute Dialog seinen Weg. So wie im Leben." Die SWR-Sendung entwickelt er mit seiner Produktionsfirma gerade zur Serie, die Webgemeinde will er noch mit einigen Fortsetzungen von "24" begeistern. Als Botschafter des Dialekts sieht sich Kuhn aber nicht: "Ich muss aufpassen, nicht nur der schwäbische Spaßterrorist zu sein."

Schon eher als Copyrightterroristen sieht ihn wohl YouTube, wo sein Treiben mit Argusaugen betrachtet wird und schon einmal komplett gelöscht wurde: Seitdem ein Partnerportal für Filmfirmen existiert, werden von Usern hochgeladene Videofilme automatisch nach Copyrightverletzungen durchsucht. Wird man fündig, bekommen Filmfirma und User eine Nachricht, Letzterer muss sich gegenüber YouTube verantworten.

Ersttäter Woody Allen

"Mit einem Bein stehe ich immer im Gefängnis", scherzt Kuhn. Gegenüber US-amerikanischen Filmfirmen beruft er sich allerdings auf eine Klausel des Copyrightgesetzes, die eine Parodie des Originals unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. "Im schlimmsten Fall werden wohl meine Filme gelöscht", sagt Kuhn. Auf anderen Filmportalen wie clipfish.de oder vimeo.de verbreiten sie sich dennoch.

Erfunden hat das Prinzip des Fandubs übrigens kein Unbekannter: Woody Allens erster Regiefilm, "What's up, Tiger Lily" von 1966, war ein eingekaufter japanischer Agententhriller, den er umschnitt, mit neuen Szenen versah und mit lustigen Dialogen unterlegte, die mit der ursprünglichen Handlung rein gar nichts zu tun hatten. (Mareike Müller / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.2.2009)