Google steckt in einem Dilemma

Es geht doch nichts über ein langes Kartellrechtsverfahren, um Konkurrenten beschäftigt zu halten. Dies dürfte sich Google gedacht haben, als es Dienstag den Antrag zur Beteiligung am EU-Verfahren gegen Microsoft stellte. Das EU-Kartellrechtsverfahren ist in mehrfacher Hinsicht an sich ein alter Hut. Der Vorwurf wurde 2007 von der norwegischen Softwareschmiede Opera erhoben: Die Bündelung des Internet Explorer (Internetbrowser sind die Programme zum Internetgebrauch) mit Windows gibt Microsoft einen unfairen Vorsprung.

Die 90er

Dies war auch der Vorwurf des US-Kartellrechtsverfahrens der 90er-Jahre, aus dem Microsoft im wesentlichen unbeschadet hervorging. Opera rechnete sich neue Chancen aus, da kurz zuvor die EU Microsoft wegen der Bündelung des Media Players zu einer Rekordstrafe verdonnert und eine Version von Windows ohne Media Player angeordnet hatte (die von Konsumenten de facto ignoriert wurde).

Beschwerde

Die Opera-Beschwerde wurde von der Kommission schließlich im Jänner des heurigen Jahres aufgriffen, Anfang Februar stellte auch Firefox-Hersteller Mozilla Antrag auf Beteiligung. Paradoxerweise kommt das Verfahren zu einem Zeitpunkt, wo die Dominanz des Explorer ins Wanken gerät: Firefox, Apple Safari, Google Chrome und weitere Nischenplayer wie Opera haben Microsofts Marktanteile von 80 auf 68 Prozent in den beiden vergangenen Jahren geschmälert. Auf Handys, deren Anteil an der Internetnutzung sprunghaft steigt, werden die Karten gänzlich neu gemischt: Hier liegt der Anteil von Windows Mobile (und damit dessen Browser) unter 15 Prozent, und es herrscht kunterbunte Vielfalt anderer Hersteller von Apple bis Google.

Google gerät jedoch seinerseits aufgrund seiner weiterwachsenden Beliebtheit bei Online-Usern in Gefahr, als Monopol einem Kartellrechtsverfahren ausgesetzt zu werden. Sein Marktanteil bei Suche lag in den USA zuletzt schon über 70 Prozent (laut Marktbeobachter Hitwise, comScore beziffert ihn auf 63 Prozent), in Europa über 80 Prozent. Eine Partnerschaft mit Yahoo bei Online-Bannerwerbung wurde wegen Bedenken der US-Kartellbehörde wieder abgeblasen.

Dilemma

Dabei steckt Google in einem Dilemma: Je mehr es sich anstrengt, den Vorwurf zu widerlegen, dass sein hoher Marktanteil Innovation behindern würde (Googles Vorwurf gegenüber Microsoft in Sachen Browser), desto mehr Menschen benutzen Google. Und auch die Attraktivität anderer Angebote wie YouTube (gehört zu Google)oder Google Maps und Earth stärken seine Anteile bei Suche.

Die neue oberste US-Kartellwächterin hat schon vor der Ernennung Google wegen seiner Monopolstellung kritisiert. Mögliche Lösung? Den Konzern zerschlagen. Klingt bekannt - nur ging es vor zehn Jahren um Microsoft. (spu, DER standard Printausgabe 26. Februar 2009)