Teheran - Unmittelbar vor seinem geplanten Treffen mit dem iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad hat der deutsche Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) dessen Leugnung des Holocaust gerügt. "Der Holocaust ist eine historische Tatsache", sagte Schröder am Samstag vor der Iranischen Industrie- und Handelskammer in Teheran laut einem Bericht der an die Nachrichtenagentur IRNA gekoppelten Website Borna.

"Es macht keinen Sinn, dieses einmalige Verbrechen, für das Hitler-Deutschland verantwortlich gewesen ist, zu leugnen", führte der Ex-Kanzler demnach weiter aus. Eine Regionalmacht, die politisch ernst genommen werden wolle, müsse die Realitäten anerkennen und die internationalen Regeln beachten, sagte Schröder laut einem Bericht der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung", die am Samstag im Voraus aus dem Redemanuskript zitierte. Zugleich erkannte Schröder demnach eigene Sicherheitsinteressen Teherans an. Iran müsse aber auch Israels Sicherheit garantieren. Nur so sei ein dauerhafter Frieden zwischen Israel und Palästina möglich.

Dialog "auf hoher politischer Ebene" nötig

In der Frage des iranischen Atomprogramms bekräftigte Schröder dem Zeitungsbericht zufolge seine Auffassung, dass der Iran und die USA direkt verhandeln müssten. Der Dialog müsse "auf hoher politischer Ebene" angesiedelt sein. Laut der iranischen Nachrichtenagentur Mehr sagte Schröder, die neue US-Regierung eröffne die "Chance für einen multilateralen Ansatz". Dies sei eine gute Gelegenheit für den Iran. US-Präsident Barack Obama habe deutlich gemacht, dass er "der islamischen Welt die Hand reichen" wolle. Obama hatte sich für direkte Gespräche zwischen den USA und dem Iran ausgesprochen.

Schröder machte laut "Hannoverscher Allgemeiner Zeitung" zudem deutlich, dass er das Recht der Iraner auf die friedliche Nutzung von Kernenergie nicht bestreite. Es dürfe jedoch keine neuen Atommächte geben, vielmehr müssten die Staaten, die Atomwaffen besitzen, abrüsten. Der Iran könne "einen noch wichtigeren Beitrag zur Diversifizierung der europäischen Energieversorgung leisten", sagte Schröder demnach weiter. Diese wirtschaftlichen Chancen seien aber an eine vertrauensvolle politische Zusammenarbeit geknüpft.

Kritik an Schröder

Der Zentralrat der Juden kritisierte Schröder wegen des noch für Samstag geplanten Treffens mit Ahmadinejad scharf. "Herr Schröder fügt dem Ansehen der Bundesregierung und der Bundesrepublik Deutschland schweren Schaden zu", sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan J. Kramer, der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Ein Gespräch Schröders mit Ahmadinejad wäre für den iranischen Präsidenten eine Aufwertung. "Er würde im Sinne der Menschenrechte besser auf das Treffen verzichten", sagte Kramer.

Schröder hält sich seit Donnerstag zu einem viertägigen Besuch im Iran auf, bei dem er neben Ahmadinejad und Außenminister Manouchehr Mottaki noch weitere Regierungsvertreter treffen wollte. Schröder folgt mit der Reise einer Einladung des iranischen Medizinprofessors Majid Samii, dem Gründer des International Neuroscience Institute in Schröders Heimatstadt Hannover. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes hatte gesagt, der Ex-Kanzler fahre auf eigene Rechnung und nicht im Auftrag der Bundesregierung. Es sei aber selbstverständlich, dass vorher der Sachverstand der Regierung eingeholt worden sei. Während seiner Amtszeit hatte Schröder den Iran nicht besucht. (APA/AFP)