Die Frage nach der Zukunft der Landwirtschaft in der Europäischen Union ist untrennbar mit dem der Frage "How feed the world?" verbunden. Die weltweite Nahrungsmittelkrise wird sich zu einem Drama entwickeln, wenn wir nicht alle zusammen energisch und früh genug handeln. Die Welternährungsorganisation FAO prognostiziert, dass in den kommenden Jahren das Nahrungsmittel-Produktionspotenzial wegen des Klimawandels dramatisch zurückgehen wird. Auf der anderen Seite werden mindestens 50 Prozent mehr Lebensmittel benötigt, um die Welt zu ernähren. Die Folge dieser Entwicklung ist, dass der Hunger in der Welt weiter zunimmt und das UNO-Millenniumsziel, die Zahl der hungernden Menschen bis 2015 um die Hälfte zu reduzieren, eine Illusion zu werden droht.

Es ist daher dringend notwendig, die landwirtschaftlichen Strukturen in den Entwicklungsländern massiv zu stärken. Aber bei noch so großer Anstrengung wird das nicht ausreichen, um die Welt künftig zu ernähren. Zwei Drittel der Nahrungsmittel werden derzeit in den gemäßigten Zonen der Welt produziert, also in Europa, Nordamerika und Teilen Südamerikas.

Folglich müssen auch wir in Europa mehr produzieren. Das geht nur durch Intensivierung bei gleichzeitiger Schonung von Ressourcen wie Wasser und Boden. Zusätzliche Flächen für den Anbau gibt es kaum noch.

Wir brauchen auch klare und faire Regeln für den Welthandel, die Sozial- und Umweltstandards berücksichtigen und zu einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion führen. In einem ersten Schritt muss die Staatengemeinschaft die Doha-Entwicklungsrunde der Welthandelsorganisation endlich zu einem Abschluss bringen. Die EU hat bereits ein faires Verhandlungspaket angeboten.

Gleichzeitig braucht die Landwirtschaft einen Entwicklungsschub bei Forschung und Entwicklung, denn sie ist zu einem Know-how-intensiven Gewerbe geworden. Dazu kann die EU durch gezielte Förderung ihren Beitrag leisten, aber auch Bund und Länder sind gefordert. Für die Produzenten muss Umweltverschmutzung teuer werden, denn hohe Umwelt- und Sozialstandards werden sich nur dann nachhaltig durchsetzen, wenn sie sich rechnen. Wir brauchen Kostenwahrheit in allen Bereichen, aber vor allem bei den Nahrungsmitteln. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21./22.2.2009)