Riga - Der lettische Ministerpräsident Ivars Godmanis hat nach einer wochenlangen Koalitionskrise das Handtuch geworfen. Staatspräsident Präsident Valdis Zatlers nahm den Rücktritt des Regierungschefs am Freitagnachmittag nach einem Gespräch mit Godmanis in Riga an. Davor hatten die beiden größten Parteien der von ihm geführten Rechtskoalition, die konservative Bürgerpartei und die Union Grüne/Bauernpartei, Godmanis' Rücktritt gefordert.

Unklar war vorerst, ob die bestehende Viererkoalition weitermachen will oder eine völlig neue Regierung gebildet werden soll. Derzeit verfügen die vier Parteien - neben den beiden genannten noch Godmanis' Lettlands Erste Partei/Lettlands Weg sowie die nationalistische Vaterlandsunion - über eine Mehrheit von 53 der 100 Abgeordneten.

Die rechtsliberale Oppositionsparte Neue Zeit rief alle Parlamentsparteien mit Ausnahme der Moskau-orientierten Für Menschenrechte in einem geeinten Lettland zu Gesprächen über die Bildung einer breiten Einheitsregierung auf. Als Ministerpräsidentin will die Neue Zeit Rechnungshofpräsidentin Inguna Sudraba vorschlagen. Neu ist, dass die populäre, gemischtsprachige Mitte-Links-Partei Harmoniezentrum wegen ihrer russischsprachigen Dominanz nicht mehr als möglicher Regierungspartner von vorneherein tabu ist.

Godmanis' Plan, die Regierung neu zu formieren und die Anzahl der Kabinettsmitglieder von 18 auf zwölf zu reduzieren scheiterte zuletzt an inneren Widerständen in der Koalition. In den vergangenen Wochen hatten als indirekte Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise zuerst Kulturministerin Helena Demakova und dann Landwirtschaftsminister Martins Roze das Handtuch geworfen. Beide Ressorts sind seither nicht besetzt.

Der Rücktritt des Premiers steht auch im Zusammenhang mit massiven Protesten der Bevölkerung. Am 13. Jänner war eine Großkundgebung von 10.000 Bürgern im Rigaer Zentrum teilweise ausgeartet. Zwei Wochen später kam es zu Protesten Tausender Landwirte gegen den Sparkurs der Regierung.

Erst seit Dezember 2007 an Regierungsspitze

Der 57-jährige Godmanis stand erst seit Dezember 2007 an der Regierungsspitze. Er war damals nach dem durch eine Serie von Korruptionsskandalen erzwungen Rücktritt seines Vorgängers Aigars Kalvitis von Präsident Zatlers zum neuen Regierungschef auserkoren worden. Von 1990 bis 1993 war Godmanis bereits einmal Ministerpräsident in dem baltischen Land.

Lettland kann sich im Augenblick nur mit Hilfe von internationalen Krediten finanziell über Wasser halten. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und mehrere europäische Staaten haben Lettland Geldspritzen in der Höhe von 7,5 Mrd. Euro versprochen. Derzeit befinden sich Vertreter des IWF in Lettland, um die bisherigen Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft zu evaluieren. Lettland muss heuer mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von bis zu zwölf Prozent und einer Arbeitslosigkeit von über zwölf Prozent rechnen. (APA)