Liberec - Wenn es das wilde Winterwetter in Liberec zulässt, dann kämpfen am Samstag (16.00 Uhr/live ORF1) nach den Skispringerinnen auch die Männer zum ersten Mal bei den 47. Nordischen Weltmeisterschaften um Gold, Silber und Bronze. Österreichs "Adler", angeführt von Gregor Schlierenzauer, sind nach der bisher so sensationellen Saison freilich im engsten Favoritenkreis und jagen nach dem ersten Einzel-WM-Gold für den ÖSV seit 1991.

Doch gerade diese lange Durststrecke bei Weltmeisterschaften beweist auch, dass es bei Großereignissen immer wieder auch aufs Glück und eben die Tagesform ankommt. Das ÖSV-Team hatte ja in den vergangenen 18 Jahren immer wieder sehr starke Leute aufzubieten. Und die Konkurrenz schläft freilich auch nicht, allen voran der Schweizer Simon Ammann, ein Spezialist für Großereignisse. Durchaus möglich, dass sich sogar der Titelverteidiger Adam Malysz, nur wenige Kilometer von seiner Heimat Polen entfernt, von vielen Fans zu neuen Höhenflügen anspornen lässt.

Dass die Österreicher aber nach 14 Siegen in 21 Einzelbewerben Favoriten sind, ist selbstredend. Gregor Schlierenzauer könnte auf der Normalschanze, die im Weltcup heuer erneut kein einziges Mal auf dem Programm stand, durchaus voll punkten. Denn von manchen Athleten wird der kleine Bakken auf dem Berg Jested als "Klein-Planica" beschrieben. Weil man ähnlich wie auf der Flugschanze den Hang entlangschleichen und mit gutem Gespür für die Luft viel herausholen kann.

Sicher ist, dass es auf Grund der geringeren Streuung enorm spannend werden wird. Einer, der unbedingt zuschlagen will, ist Tourneesieger Wolfgang Loitzl. Und er ist wegen seiner Absprungkraft und seiner perfekten Ästhetik und Landung zweifellos ein Mitfavorit. "Die Noten werden sehr wichtig sein", weiß der Steirer. Der 29-Jährige ist ja mit bisher vier Team-Weltmeistertiteln sowie einmal Team-Bronze in der ewigen Bestenliste des ÖSV bei Nordischen Titelkämpfen voran. Doch die Einzelmedaille fehlt dem Vater zweier Söhne noch.

"Deshalb habe ich mir ein großes Ziel gesetzt und das ist, auf der kleinen eine Medaille zu machen", nimmt er sich kein Blatt vor den Mund. Es sollte normalerweise speziell auf der kleinen Schanze die Athletik zum Tragen kommen. Doch auch er weiß, dass der Sieg wohl über Gregor Schlierenzauer führen wird. "Springt er so wie in den letzten Wettkämpfen, ist er sehr schwer zu schlagen, seine Siegesserie kommt nicht von irgendwo."

In gewisser Weise kann Loitzl auch locker drauflos springen, hat er bei der Tournee ja einen völlig unerwarteten Gesamtsieg gefeiert. "Ich sehe es als Möglichkeit, jetzt einen Punkt auf das I zu setzen."

Neben Loitzl und Schlierenzauer sind aber auch noch zwei Kärntner mit von der Partie. Martin Koch und vor allem Doppel-Olympiasieger Thomas Morgenstern. Letzteren verbindet mit Liberec eine besondere Erinnerung - es ist der Schauplatz seines ersten Weltcupsiegs vor sechs Jahren im Alter von 16. Schon vor der Saison hat er sich darauf programmiert, hier Einzel-Gold holen zu wollen. "Ich habe sehr viel Energie in das Projekt Liberec gesteckt. Ich weiß, dass ich es drauf habe", meinte Morgenstern.

Serien-Sieger Schlierenzauer ist mit Prognosen vorsichtig, gibt aber zu, dass die Chance, erstmals seit Heinz Kuttin 1991 (Val di Fiemme) wieder die österreichische Hymne nach einem WM-Einzelspringen zu hören, gut ist. "Wir sind sehr gut drauf. Die Erfolge haben es gezeigt, wenn das nötige Glück da ist und wir gut springen, ist es sicher möglich." Und wenn das Wetter auch einen fairen Wettkampf ermöglicht. Die Vorhersagen waren jedoch alles andere als vielversprechend.(APA)