Federico Ghizzoni: "Zweifellos sind die Zeiten der "Glorie" für Osteuropas Volkswirtschaften zu Ende."

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Federico Ghizzoni, für das Ostgeschäft der UniCredit verantwortlich, befürchtet keine Kettenreaktionen, sagt er im Gespräch mit Thesy Kness-Bastaroli. Die Osttöchter haben 90 Milliarden Euro an Fremdwährungskrediten gewährt.

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STANDARD: Die Ratingagentur Moody's glaubt, dass die Region Osteuropa in eine besonders tiefe Rezession fallen wird. Wie sehen Sie die Risiken bei den UniCredit-Bankentöchtern in Osteuropa?

Ghizzoni: Für Analysten und Finanzexperten ist es schwierig, die Lage in Osteuropa einzuschätzen. Das sogenannte Tagesgeschäft läuft auch seit Jahresbeginn 2009 gut. Allerdings ist die Situation von Land zu Land verschieden. So ist in der Ukraine nicht nur die Wirtschaftslage prekär. Auch die politische Instabilität macht die Ukraine zu einem der Länder mit den meisten Risiken. Ich befürchte aber keinerlei Kettenreaktion auf andere Länder. Weniger Risiken sehe ich in Polen, in der Tschechischen Republik und in der Türkei, wo rund 55 Prozent der UniCredit-Ost-Aktivitäten stattfinden. 60 bis 70 Prozent des gesamten Geschäftes wird in Zentraleuropa abgewickelt.

STANDARD: Befürchten Sie, dass das Währungsungleichgewicht große Teile Osteuropas in den Abgrund stürzen wird? Wird das auch die Banken, die in diese Länder expandierten, mit sich ziehen?

Ghizzoni: Zweifellos sind die Zeiten der "Glorie" für Osteuropas Volkswirtschaften zu Ende. Zweifellos handelt es sich um ein Gebiet, das schwächer ist als Westeuropa. Aber ich bin überzeugt, dass die Krise überwunden werden kann. Für uns bleibt Osteuropa nach wie vor von primärer strategischer Bedeutung. Ich bin überzeugt, dass die ersten und stärksten Belebungssignale für die Erholung der europäischen Wirtschaft aus dem Osten kommen.

STANDARD: Haben die UniCredit- Banken in Osteuropa hohe Fremdwährungskredite verliehen?

Ghizzoni: Wir haben unser Schwergewicht im Osten seit eh und je auf das Retailbanking konzentriert. In Polen haben wir bei der Übernahme der Bank Pekao einen Bestand an Fremdwährungskrediten von fünf bis zehn Prozent der Ausleihungen übernommen. Ein größeres Gewicht haben die Fremdwährungskredite in Russland, der Ukraine und in Kasachstan. Insgesamt machen sie 90 Mrd. Euro aus, dabei entfällt nur ein geringer Anteil (Anm.: 3,7 Prozent) auf Kredite in Schweizer Franken.

STANDARD: Sie haben in Italien eine Exportoffensive für kleine und mittelständische Unternehmen gestartet. Sollte eine ähnliche Initiative in Österreich und in Osteuropa wiederholt werden?

Ghizzoni: Mitte Februar haben wir mit unserer Initiative "Imprendo Export" begonnen. Es handelt sich dabei um eine Exporthilfe für die KMU, denen wir über Internet nicht nur Marktanalysen der neuen Exportländer zur Verfügung stellen, sondern auch eine potenzielle Kundenliste, deren Kreditwürdigkeit und zusätzliche Dienstleistungen. Die Initiative soll noch heuer auf Österreich ausgeweitet und dann bis Ende 2010 in sämtlichen osteuropäischen Ländern in Kraft gesetzt werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.02.2009)