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Der Donauwalzer hat schon lieblicher geklungen: Die Fahrt in Richtung Schwarzes Meer wird derzeit von Währungsverfall, Handelsbilanzdefiziten und Kollapsgefahr begleitet.

Foto: Reuters/Nikolay Doychinov

Immer mehr westliche Regierungen bereiten die Vollverstaatlichung maroder Großbanken vor. Die deutsche Regierung hat am Mittwoch durch ein Enteignungsgesetz der Nationalisierung der Hypo Real Estate auch gegen den Willen der Aktionäre den Weg bereitet. In Österreich ist die Enteignung von Banken bereits gesetzlich möglich.

In den USA, wo die Obama-Regierung bisher vor dem Schritt aus Sorge vor massivem Widerstand zurückgeschreckt ist, sprechen sich inzwischen auch Republikaner für eine Verstaatlichung von Citigroup und anderen praktisch insolventen Instituten aus. Der frühere Vorsitzende der US-Notenbank Fed, Alan Greenspan, sagte der Financial Times, eine vorübergehende Staatsübernahme könnte notwendig sein.

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Wird Osteuropa nur krankgeredet, oder droht tatsächlich ein Kollaps? Einen Hinweis darauf, dass weniger Gerede über die Region förderlich wäre, gab am Dienstag EU-Währungskommissar Joaquín Almunia. Auf den massiven Verfall mehrerer osteuropäischer Währungen angesprochen, meinte er: "Einige Statements haben diese Entwicklung beschleunigt."

Tatsache ist, dass der massive Konjunkturabschwung die einstige Boomregion völlig am falschen Fuß erwischt, da die einzelnen Länder ihre gewaltigen Handelsbilanzdefizite und ihre Auslandsverschuldung nur mit riesigen Direktinvestitionen aus dem Westen decken können. Genau diese Geldtransfers sind praktisch zum Erliegen gekommen, was - neben spekulativen Motiven - auch den Absturz der lokalen Devisen erklärt: Spitzenreiter ist der polnische Zloty, der seit vorigem Sommer 54 Prozent einbüßte; auch der rumänische Leu, die tschechische Krone oder der ungarischer Forint wurden in den Keller geprügelt.

Reserven stützen

Letztere Währung erreichte erst am Dienstag ein neues Rekordtief - Premierminister Ferenc Gyurcsány will mit der Notenbank Pläne ausarbeiten, um die Talfahrt zu beenden. Tschechien hat angedeutet, von weiteren Zinssenkungen abzusehen, um den Wechselkurs zu stabilisieren. Und Rumänien sucht internationale Hilfsgelder, um die Reserven zu schützen.

Auch die Ukraine kämpft mit der Landeswährung Griwna, die seit vergangenem Herbst 40 Prozent verloren hat. Der IWF hat jetzt die zweite Tranche seines Rettungspakets für die Ukraine verschoben und das Land zu einem straffen Krisenmanagment aufgefordert. Die ukrainische Ministerpräsidentin hat am Mittwoch die Angst vor einer Zahlungsunfähigkeit des Staates zu zerstreuen versucht, der Staat komme all seinen Kreditverpflichtungen nach.

Die schlechten Nachrichten reißen - sehr zum Ärger Almunias - nicht ab: Laut einer Einschätzung der französischen Großbank BNP Paribas werden die Banken um ein Fünftel ihres getätigten Engagements in Osteuropa umfallen. Der in London ansässige Devisenanlayst des Instituts, Hans-Günther Redeker, zum Standard: "Das bedeutet für die westlichen Banken in der Region Abschreibungen von 260 Milliarden Dollar (207 Mrd. Euro). Das ist kein Pappenstiel." Verschärft worden sei die Problematik durch die nationalen Bankenpakete. Dadurch sei der Finanzsektor im Osten "diskriminiert worden - die stehen jetzt wie Schmuddelkinder da, mit denen man keine Geschäft macht".

Hilfen sind auf dem Weg

Trotz der dramatischen Entwicklung gab es bisher wenige Signale, dass die EU eine konzertierte Aktion zur Stabilisierung der Region starten wird. Doch das soll sich nun ändern: Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) arbeitet mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC) an einem Bankenhilfsplan für Ost-europa. Ein konkreter Plan soll "in den nächsten Wochen erstellt werden" , sagte EBRD-Forschungsdirektor Jeromin Zettelmeyer zur APA. Der Plan sieht vor, dass die Muttergesellschaften von den drei Instituten und den heimischen Regierungen finanzielle Unterstützung bekommen, mit dem auch die Ost-Töchter zu unterstützen seien. Um den Zugang zu den Geldern müssten sich die Zentralbanken der osteuropäischen Lönder kümmern. "Wir schätzen die Situation schon als ernst ein, aber als beherrschbar" , sagte Zettelmeyer.

Das Modell könnte auf fünf bis acht Länder ausgeweitet werden. Neben der Ukraine, Rumänien, Kroatien, Serbien seien dies die baltischen Staaten und potenziell auch Russland.

Auch Ungarn macht sich für ein grenzübergreifendes Bankenhilfspaket stark. Ministerpräsident Gyurcsány hat am Mittwoch für ein gemeinsames Vorgehen der Region bei einer 100-Milliarden-Euro schweren Initiative geworben. Gyurcsány forderte die westeuropäischen Banken - etwa die Erste Group - auf, ihre ungarischen Töchter zu unterstützen. "Wir sollten einen weiten Kreis von Ländern bilden, die an einem Bankenrettungsfonds interessiert sind" , sagte der ungarische Regierungschef. Dies sei nicht nur im Intersse Österreichs, sondern aller Regierungen und Nationen der Region.

Druck kommt nun auch aus Litauen: Premierminister Andrius Kubilius fordert in der Financial Times mehr koordinierte Aktionen für die Region.

"Sprengsatz für die EU"

Gelobt werden mittlerweile auch die österreichischen Bemühungen für ein Ost-Banken-Paket. Zettelmeyer sagte, es sei "sehr begrüßenswert", dass sich die österreichische Regierung "da dahintergeklemmt hat" . Der tschechische EU-Ratsvorsitzende Alexandr Vondra sieht - angesprochen auf die österreichischen Bemühungen - allerdings "keinen Grund" für weitere außerordentliche Schritte.

Der deutsche Ökonom Hubert Gabrisch vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle sieht Gefahr im Verzug. "Ich halte es nicht mehr für ausgeschlossen, dass Osteuropa zusammenbricht. Das ist ein Sprengsatz für die Union, den man nicht unterschätzen darf", so Gobisch bei einem Wifo-Vortrag. (as, kol, Reuters/DER STANDARD, Printausgabe, 19.2.2009)