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Tausende Kosovo-Albaner feierten am Dienstag in Prishtina den ersten Jahrestag der Unabhängigkeit. 

Foto: EPA/Meta

Es ist beinahe so kalt wie vor einem Jahr, als die kosovarischen Politiker die Unabhängigkeit des Landes verkündeten. Nur die Skepsis vom vergangenen Jahr, die Angst, dass die Unabhängigkeit im letzten Augenblick doch nicht verkündet wird, die ist nicht mehr zu spüren. Die Straßen, aber auch die Cafés in Prishtina sind überfüllt.

Schon seit vergangener Woche bieten die Straßenhändler albanische, kosovarische und amerikanische Fahnen an. Viele Wohnungsfenster und Balkone sind damit geschmückt. Fast alle Autos haben jeweils zwei wehende Flaggen auf dem Dach oder über der Motorhaube. Die Zahl jener, die die kosovarische Fahne akzeptieren, steigt. Sie tragen sie neben der roten albanischen mit dem doppelköpfigen Adler stolz herum.

Hie und da werden auch Feuerwerkskörper verkauft. Feierstimmung kam schon zu Wochenbeginn auf. In letzter Minute hatte die Bevölkerung am vergangenen Freitag erfahren, dass für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst schon der Montag ein freier Tag ist. Denn obwohl sich seit der Unabhängigkeitserklärung kaum etwas verändert hat, wollen die Menschen hier feiern, so als würde das Feiern den Hoffnungen einen neuen Aufschwung geben.

Und einiges ist doch anders: Früher hätte man innerhalb von einigen Stunden oder innerhalb eines Tages eine Geburtsurkunde ausgestellt bekommen, jetzt muss man zehn Tage warten. "Hauptsache, es ist kein UN-Logo mehr drauf", scherzen die Leute im Kaffeehaus. Die UNO hatte den Kosovo seit 1999 verwaltet. Angesichts der Probleme mit der Arbeitslosigkeit, Armut, Strom- und Wasserversorgung bleiben die positiven Veränderungen im Alltagsleben kaum spürbar. Die Wahrscheinlichkeit, einen Arbeitsplatz zu finden, wird immer kleiner, es sei denn, man verfügt über guten Beziehungen.

Viele Kosovaren machen sich deshalb Sorgen um ihre Zukunft, aber laut Statistik sind sie trotzdem ein sehr optimistisches Volk. Diese Hoffnungen zeigen sich in Unternehmungslust. Inzwischen nutzen die Kosovaren jede Gelegenheit, um zu feiern. Es wird getanzt und gesungen. Die Sorgen sind zu Hause geblieben, niemand hat sie mitgenommen. Warum auch? Die Kosovaren haben weitere 364 Tage, um sich damit zu beschäftigen, heute nicht. (Rexhep Bajrami aus Prishtina, DER STANDARD, Printausgabe, 18.2.2009/ Rhexep Bajrami verwaltet die Europäische Bibliothek in Prishtina, ein Projekt des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, zu der auch das Goethe-Institut in Belgrad beiträgt.)