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Ex-Außenministerin Ursula Plassnik, einst kompromisslose Politikerin in EU-Angelegenheiten, nun einfache Abgeordnete im Parlament, werden in der ÖVP gute Chancen auf den Job in der EU-Kommission nachgesagt.

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Wien/Bregenz - Nach anfänglicher Großzügigkeit kam der Rückzieher: Während der rote Kanzler am Wochenende noch verkündet hatte, er könne „damit leben", dass der Posten des EU-Kommissars „auch weiterhin von der ÖVP besetzt" werde, gab sich Werner Faymann am Dienstag nach dem Ministerrat in der Angelegenheit schon deutlich reservierter. Er gehe davon aus, dass jede Partei gute Leute für die Position habe, wiegelte Faymann da auf einmal ab, und überhaupt: „Das allerwenigst Wichtigste ist die Frage der Posten." Jetzt gehe es darum, wie sich die Parteien bei den anstehenden EU-Wahlen am 7. Juni schlagen, betonte der Regierungschef.

Hintergrund: Nicht alle Sozialdemokraten sehen es so gerne, dass ihr Parteichef bisher so gar keine Ambitionen zeigte, sich im Namen der Partei um den prestigeträchtigsten Job in Brüssel zu reißen - wo doch das Mandat von Benita Ferrero-Waldner, derzeit Außen-Kommissarin, ausläuft. Und es noch dazu in den eigenen Reihen durchaus einige Anwärter für das Amt gäbe, siehe etwa Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, nun in der Arbeiterkammer Niederösterreich tätig, oder den EU-Abgeordneten Hannes Swoboda sowie EU-Delegationsleiterin Maria Berger, vormals Justizministerin. Allen dreien wird nachgesagt, dass sie gegen eine Versetzung nach Brüssel beziehungsweise eine Beförderung nichts einzuwenden hätten.

Europa-Forum entfällt

Doch Faymann streift beim Thema Europa mittlerweile gar nicht mehr gern an, denn: Immerhin leitete er seine Inthronisierung als Parteichef im vergangenen Frühjahr mit dem roten EU-Schwenk via Kronen Zeitung ein, wonach zu Brüsseler Verträgen künftig das Volk zu befragen sei.
Und so ließ Faymann heuer sogar das traditionelle Europa-Forum in Lech am Arlberg ohne große Worte entfallen. Offiziell, „weil es Terminprobleme bei den eingeladenen Personen gab", wie Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber erklärte.

Im Gegensatz zu Kanzler Faymann zelebrierte sein schwarzer Vorvorgänger Wolfgang Schüssel die „kleinen EU-Gipfel" in dem Nobelskiort, bei denen neben der Pistengaudi die Kontaktpflege sowie Arbeitsgespräche im Mittelpunkt standen, stets sehr ausgiebig. Zu Gast waren damals sogar die EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso und Romano Prodi höchstpersönlich.

In der ÖVP kommentierte man die Aussicht auf den künftigen EU-Kommissar ohne gröbere rote Widerstände bisher sehr verhalten. Vizekanzler Josef Pröll erklärte nur: „Ja, ich gehe davon aus, dass wir ihn bestellen können." Die Funktion sei wichtig für eine Partei, die sich zu Europa bekenne. Zu seinen Personalvorstellungen wollte sich der ÖVP-Obmann bisher gar nicht äußern. Das tun dafür andere Schwarze, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand.

Neben den beiden Altparteichefs Wolfgang Schüssel und Wilhelm Molterer sind nun auch zwei ausgeschiedenen Minister im Gespräch: Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sowie Ex-Außenministerin Ursula Plassnik. Und: Auch Ferrero-Waldner selbst ist aus Brüsseler Sicht wie aus ÖVP-Sicht noch nicht aus dem Rennen.

Vorwürfe in der Debatte um den künftigen EU-Kommissar kamen freilich von der Opposition. Die FPÖ befürchtet eine "rot-schwarze Packelei", die Grünen wiederum warfen Faymann Gleichgültigkeit gegenüber der EU vor. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 18.2.2009)