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Am 17. Februar wird im Kosovo der erste Jahrestag der Ausrufung der Unabhängigkeit gefeiert.

Foto: AP Photo/Visar Kryeziu

Belgrad - Der serbische Präsident Boris Tadic hat eine Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo kategorisch ausgeschlossen. Serbien werde nichts unternehmen, aus dem sich ein solcher Schritt ableiten lasse, sagte Tadic der Nachrichtenagentur Reuters anlässlich des ersten Jahrestags der Kosovo-Unabhängigkeit am Dienstag. Er verwies auf ein von Serbien angestrengtes Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag. "Der einzige Weg zu Gesprächen über den künftigen Status des Kosovo und einen Kompromiss führt über die Entscheidung des Gerichts", sagte Tadic.

Entscheidung erst in einigen Jahre

Das höchste Rechtssprechungsorgan der UNO soll darüber befinden, ob die Unabhängigkeitserklärung der abtrünnigen serbischen Provinz rechtmäßig war oder nicht. Mit einer Entscheidung ist jedoch erst in einigen Jahren zu rechnen - zudem ist sie nicht bindend. Derzeit sorgen NATO-Soldaten für die Sicherheit im Kosovo, Mitarbeiter der EU (EULEX) und der UNO (UNMIK) sind in der zivilen Verwaltung im Einsatz. 1999 beendete die NATO mit Bombenangriffen das Vorgehen serbischer Soldaten gegen Kosovo-Albaner.

Seither sind mehr als 200.000 Serben aus Angst vor Racheakten von ehemaligen albanischen Nachbarn aus dem Kosovo geflohen. "Serbien strebt eine Rückkehr zu einem normalen Leben im Kosovo an", sagte Tadic. "Der Schutz der Menschen- und Minderheitenrechte dort liegt jedoch unterhalb eines akzeptablen Niveaus und bisher gibt es nur wenig (serbische) Rückkehrer." Der Kosovo wurde unter anderem von 22 der 27 EU-Mitgliedsländer sowie den USA diplomatisch anerkannt. Wichtige Länder wie die UNO-Sicherheitsratsmitglieder Russland und China haben sich dem Schritt jedoch nicht angeschlossen.

"Enormer Druck"

30 Staaten stünden am ersten Jahrestag der Unabhängigkeit unter "enormen Druck", den Kosovo anzuerkennen, wie der serbische Außenminister Vuk Jeremic am Dienstag gegenüber dem TV-Sender B-92 sagte. Die Offensive jener Staaten, die sich dafür einsetzten, sei sehr stark. Um welche Staaten es sich handelt, sagte Jeremic nicht.

Umgestaltung der UNO-Verwaltung

Bei einem Treffen mit UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon am Dienstagnachmittag will Jeremic die Umsetzung der von Serbien vorgelegten sechs Punkte zur Umgestaltung der UNO-Verwaltung im Kosovo (UNMIK) besprechen. Der sogenannte Sechs-Punkte-Plan sieht weitgehende Sonderregelung für die serbische Minderheit im Norden des Kosovo vor und war von Ban in seinen jüngsten Kosovo-Bericht aufgenommen worden. Auf diesem Weg erhielt die EU Grünes Licht für die Entsendung der Rechtsstaatsmission EULEX in den Kosovo. Diese sollte UNMIK ursprünglich zur Gänze ablösen.

Die kosovarische Regierung indes ist fest entschlossen, den von Belgrad zurückgewiesenen Vorschlag des UNO-Vermittlers Martti Ahtisaari zur "überwachten Unabhängigkeit" vom Februar 2007 umzusetzen. Die sechs Punkte lehnt Prishtina (Pristina) mit der Begründung ab, dass deren Umsetzung die Gebietseinheit und Souveränität des Kosovo gefährde.

Kosovo diplomatischer Sieger

Der serbische Kosovo-Experte Dusan Janjic ist der Ansicht, dass Prishtina im ersten Jahr seit Ausrufung der Unabhängigkeit erfolgreicher in seinen diplomatischen Bemühungen war als Belgrad, dass gegen die Loslösung des Kosovo ankämpft. Der Kosovo habe einen wichtigen Schritt vorwärts in die Unabhängigkeit gemacht und die Natur des Konfliktes mit Belgrad verändert, so Janjic zu B-92. Es handle sich nun nicht mehr um eine innere Frage Serbiens, sondern um eine zwischenstaatliche Frage.

In der ethnisch geteilten Stadt Mitrovica im Nordkosovo versammelten sich unterdessen das kosovo-serbische Parallelparlament und nationalistische Parlamentarier aus Serbien. Im Beisein des serbischen Kosovo-Ministers Goran Bogdanovic fand in Zvecan, einer serbischen Gemeinde im Nordkosovo zudem eine Sitzung des serbischen Kosovo-Ausschusses statt. Man wolle der Welt zeigen, dass der Kosovo ein Bestandteil Serbiens sei, sagte ein führender serbischer Politiker in Mitrovica, Marko Jaksic.

Klar auf Distanz zu der Kosovo-Reise serbischer Parlamentarier ging nur die kleine Liberaldemokratische Partei (LDP) des ehemaligen Vizepremiers Cedomir Jovanovic. Die LDP-Abgeordneten würden nicht einmal daran denken, an einer weiteren "Täuschung" der Bürger Serbiens teilzunehmen, mit der die bisherige falsche Politik gegenüber dem Kosovo fortgesetzt werde, sagte der LDP-Spitzenfunktionär Zoran Ostojic zu Belgrader Medien.

Mehr als 40 Prozent Arbeitslosigkeit

Der Kosovo gehört nach wie vor zu den ärmsten Ländern Europas. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 40 Prozent. Die internationale Präsenz - allen voran die UNO-Übergangsverwaltung (UNMIK), die EU-Rechtsstaatsmission EULEX und die NATO-Schutztruppe KFOR - ist nach wie vor groß. Der Botschafter des Kosovo in Brüssel, Ilir Dugolli, ist im Gespräch mit dem in Lyon ansässigen "EUObserver" dennoch von den Erfolgen des jungen Staates überzeugt. "Wir müssen nur mehr als ein Jahr zurückgehen und an all die Warnungen denken, die vor der Deklaration der Unabhängigkeit kamen", sagte Dugolli und unterstrich, dass nichts davon eingetreten sei.(APA)