Belgrad/Prishtina - Am ersten Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo von Serbien sucht Belgrad die Machtprobe: Am Dienstag werde das serbische Parlament gemeinsam mit dem im Vorjahr gebildete Parallelparlament der Kosovo-Serben eine Sondersitzung auf dem Gebiet des Kosovo abhalten, bestätigte Parlamentspräsidentin Slavica Djukic-Dejanovic am Sonntag in Belgrad. Die kosovarische Staatsspitze sprach von einer Provokation zur Destabilisierung.

Die Sitzung werde in Zvecan vor den Toren der zwischen Serben und Albanern geteilten Stadt Mitrovica im Nordkosovo abgehalten, sagte die Parlamentspräsidentin weiter. Den Abgeordneten sei frei gestellt, an dieser Sitzung teilzunehmen. Für den Transport der Abgeordneten, von denen die meisten ihr Kommen zugesagt hätten, nach Zvecan sei gesorgt.

"Das ist eine Provokation, aber wir haben nichts Besseres aus Belgrad erwartet", sagte Xhavit Haliti, Sprecher des kosovarischen Präsidenten Fatmir Sejdiu, der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Sonntagabend in Prishtina (Pristina). Die "mögliche Destabilisierung" durch die geplante Parlamentssitzung komme "direkt vom serbischen Staat selbst", kritisierte auch Regierungssprecher Memli Krasniqi.

Der Kosovo rief am 17. Februar 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien aus. Am ersten Jahrestag soll dies im Parlament und auch mit Kundgebungen gefeiert werden. Bisher haben 54 Staaten den Kosovo anerkannt. Zu diesen zählen die USA und 22 der 27 EU-Staaten sowie die Nachbarn mit Ausnahme Serbiens, das den Kosovo nach wie vor als seine Provinz betrachtet. Der Nordkosovo mit Mitrovica als Zentrum wird mehrheitlich von Serben bewohnt und hat sich bisher dem Einfluss der Regierung in Prishtina entzogen. Insgesamt sind knapp 90 Prozent der Einwohner des Kosovo ethnische Albaner, fünf bis sieben Prozent sind Serben.

Einladung der Kosovo-Serben

Das Parallelparlament der Kosovo-Serben hatte die Belgrad Volksvertreter zur Abhaltung der Sitzung im Kosovo eingeladen. Die serbische Regierung hatte nicht offiziell darauf reagiert. Der Vizevorsitzende des Parallelparlamentes Marko Jaksic erklärte, dass das serbische Parlament damit zeigen würde, dass der Kosovo ein Bestandteil Serbiens sei. In diesem Sinne sollten künftig auch serbische Regierungssitzungen im Kosovo stattfinden. Das Parallelparlament ist für seine engen Kontakte zu der nationalkonservativen Demokratischen Partei Serbiens (DSS) des früheren Premiers Vojislav Kostunica und zur ultra-nationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) bekannt. Es wird von deren oppositionellen Abgeordneten im Belgrader Parlament am stärksten unterstützt.

"Ich kann nicht spekulieren, was durch einen solchen Schritt (des serbischen Parlaments) passieren wird", sagte der kosovarische Regierungssprecher Krasniqi weiter. Jedoch müsse auf jeden Fall die Verfassung des Kosovo eingehalten werden. Dafür würden die internationalen Polizisten sowie die NATO-geführte Schutztruppe KFOR sorgen.

Die EU-Mission (EULEX) versucht seit Beginn des Jahres im Kosovo mehr und mehr an die Stelle der bisherigen UNO-Verwaltung (UNMIK) zu treten und auch den serbisch dominierten Norden behutsam in das Verfassungs- und Rechtssystem des gesamten Kosovo einzugliedern. Daher wurden an der Kosovo-Nordgrenze zu Serbien erstmals EU-Zöllner eingesetzt. EU-Polizisten wollen allmählich auch die Kontrolle in diesem nördlichen Landesteil übernehmen. Die Kosovo-Serben und Belgrad widersetzen sich diesen Bestrebungen.(APA/dpa)