Die Qualität der Dokus, die der ORF unter der Marke Universum bringt, ist alles andere als konstant. Und wahrlich nicht immer entkommen die Produktionen dem Image verstaubter Naturfilme, in denen sonore Stimmen Informationen über die Paarung abseitigen Gewürms streuen.

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Dafür gibt es aber auch Ausreißer nach oben. Wie vergangenen Donnerstag, als der Film der französischen Ethnologin Marianne Chaud zu den Frauen von Zanskar im Himalaya-Massiv entführte. Sieben Jahre teilte Chaud das Leben der etwa 100 Einwohner des Dorfes Sking im Norden Indiens. Sie lernte ihre Sprache, begleitete sie beim Hüten der Schafe und beim Ernten der Gerstenfelder.

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Die Aussteigerin als Naturfilmerin mag an überdauerte Abenteurerideale der 70er-Jahre erinnern. Im Abgleich zum professionalisierten Dokubetrieb, der oft nur redaktionelle Kurzbesuche auf den Bildschirm bringen kann, erstrahlte Chauds Film aber in jugendlicher Frische. Der lebendige Umgang mit den porträtierten Mädchen und Frauen, das Ineinandergreifen der Beobachterperspektive mit jener der Porträtierten führt tief in die Welt, das Weltbild jener ärmlicher Menschen, die den kargen Bergen Nahrung wie Lebensfreude entreißen.

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In besonders berührenden Momenten erkundigt sich eine selbstbewusste 13-Jährige, die ihre Schafe hütet, zielstrebig danach, wie sie sich eine Flugreise vorstellen könnte. Sie würde sofort mitfliegen, obwohl sie wahnsinnige Angst hätte. Wenn Zeit ist, lernt sie ein paar Englisch-Vokabeln. Die 80-jährige, blinde Urgroßmutter, die bei der Feldarbeit von verstorbenen Verwandten spricht, ist wohl ähnlich aufgewachsen.(Alois Pumhösel, DER STANDARD; Printausgabe, 14./15.2.2008)

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