Milan Obid (links, 27) studiert Kultur- und Sozialanthropologie, Marko Sitter (24) Umwelt- und Bioressourcenmanagement.

Foto: rwh/derStandard.at

Seit vielen Jahren setzt sich der Klub Slowenischer StudentInnen für die zweisprachigen Ortstafeln ein. Zum Beispiel mit der Aktion "Konsensenmann".

Foto: ksssd

Milan Obid und Marko Sitter wirken noch ein wenig verschlafen. Das Kaffeehaus ist gut besucht, es ist 10 Uhr vormittags und der Duft von frischem Kaffee liegt in der Luft. Trotz der für die beiden Studenten offenbar ungewohnt frühen Stunde sind sie gut gelaunt. Milan und Marko sind Obmann und Vizeobmann des Klubs Slowenischer StudentInnen in Wien. Eigentlich sind gerade Semesterferien und die beiden könnten in ihrer Freizeit in Kärnten sein. Sie verbringen aber viel Zeit in Wien und besuchen ihr Heimatbundesland nur noch gelegentlich.

In Kärnten ist Wahlkampf. Am ersten März werden Landtag und Gemeinderat gewählt. Marko hat seinen Hauptwohnsitz noch in Kärnten, er darf also wählen. Milan nicht mehr, er ist mittlerweile in Wien gemeldet, sagt er und nimmt einen Schluck von seinem Tee.

Hundert Kärntner Slowenen Studenten in Wien

Freitags treffen sich die slowenischen StudentInnen im Klubraum in der Mondscheingasse im siebten Wiener Gemeindebezirk. Es wird diskutiert, getratscht, getrunken. "Nicht nur Kärntner Slowenen kommen in unseren Klub", sagt der 24-jährige Marko. Das Kulturprogramm des Vereins ist umfangreich: Es werden Lesungen, Diskussionen und Ausstellungen organisiert. Einmal in der Woche trifft sich der - auch für Kärntner Slowenen obligatorische Chor - und es gibt auch einen gratis Slowenisch-Kurs. Die Bibliothek beherbergt eine große Sammlung slowenischer Literatur. Rund hundert Kärntner Slowenen Studenten gibt es derzeit in Wien, sagt Milan.

"Willkürliche" Lösungsvorschläge

Sie alle beschäftigt ein Thema, das auch diesmal beim Kärntner Wahlkampf eine große Rolle spielt - die zweisprachigen Ortstafeln. Für sie haben sich die slowenischen StudentInnen in der Vergangenheit stark gemacht. Seit ihrer Kindheit sind sie damit konfrontiert und vom "Hin- und Herschieben" der Zuständigkeit zwischen Bund und Land genervt. "Seit Kreiskys Vorstoß traut sich niemand mehr drüber", sagt der 27-jährige Milan. Alle Vorschläge, die seither geäußert wurden, seien "willkürlich" oder oft "unlogisch" gewesen. Der ehemalige Bundeskanzler Alfred Gusenbauer habe nur die Ortschaften, wo er sicher sein konnte, dass ihm kein Wind entgegenweht, miteinbezogen, kritisiert Milan.

Und warum es bisher keine Lösung gibt? "Die Stimmung ist aufgeheizt", sagt Milan. Es sei "kontraproduktiv für eine politische Partei, sich für die Ortstafeln stark zu machen, weil sie dann Stimmen verliert." Außerdem gäbe es Verbände wie den Kärntner Heimatdienst, die jahrelang eine Stimmung gemacht hätten, so dass es kaum noch möglich sei, zu einer Lösung zu kommen. Auch wenn sie sich neuerdings für eine Einigung stark machen (derStandard.at berichtete).

"Das Problem wird immer aufgeschaukelt", findet auch Marko, "man redet sich immer darauf aus, dass die Kärntner Bevölkerung noch nicht bereit für eine Lösung sei."

Problem "älter als der Haider"

Dass es durch den Tod Jörg Haiders nun einfacher sei, eine Einigung zu erzielen, glauben die beiden nicht. "Das Thema ist viel älter als der Haider, es ist in allen Parteien fest verankert." Auch die SPÖ agiere zurückhaltend. Der Deutschnationalismus habe eine starke Tradition in Kärnten: "Das ist der Unterschied zu Restösterreich."

Die Vergangenheit sei geprägt von Gebietsstreitereien: "Es wird immer wieder mit dieser Karte gespielt." Sobald die Diskussion aufkommt werde gesagt, „die Slowenen stellen schon wieder Ansprüche."

"Ortstafeln dort, wo das Minderheitenschulwesen gilt"

Aber wie könnte eine Lösung aussehen? Geht es nach den Slowenischen Studenten folgendermaßen: "Dort wo das Minderheitenschulwesen gilt, dort hätten wir gerne die zweisprachigen Ortstafeln", sagen Marko und Milan. Sie treten gegen eine Prozentregelung ein. Es handle sich um ein "geschlossenes Gebiet", wo in jeder Schule zweisprachiger Unterricht stattfinde. Warum dann nicht auch Zweisprachigkeit auf allen Beschriftungen - also auch den Ortstafeln?

"Diskriminierung ausgeliefert"

Marko erzählt von seiner Heimatgemeinde St. Jakob im Rosental. Dort habe der Konflikt um die Zweisprachigkeit schon so weit geführt, dass weder die Volksschule beschriftet ist, noch gebe es Straßenbezeichnungen - nicht auf deutsch und nicht auf Slowenisch.

Er selbst, sagt er, ist "in einer Parallelstruktur aufgewachsen", hat den slowenischen Kindergarten, die slowenische Schule besucht. Trotzdem war er desöfteren der Diskriminierung ausgeliefert. "Im Zug haben die Leute gesagt, 'redets deutsch, wir sind in Österreich'".

Milan spielte in einem Slowenischen Fußballverein, am Feld sei er öfter mal "als 'Tschusch' beschimpft worden".

"Vielleicht überholt die SPÖ das BZÖ"

Für die Landtagswahlen erwarten die beiden Verluste für das BZÖ. Die Partei werde "langfristig auf keinen Fall" weiter bestehen. "Das war eine One-Man-Show", sagt Milan. "Der Dörfler ist ja ein Witz, nur die Scheuch-Brüder kann man noch ernst nehmen." Marko meint: "Die werden sich vielleicht wieder mit der FPÖ zusammentun."

"Vielleicht überholt die SPÖ das BZÖ", mutmaßen die beiden, "doch was sich dann ändert, ist die Frage." Marko bezweifelt, dass es "eine vernünftigere Ortstafellösung geben wird" Auch Milan sagt: "Wenn es zu einer Einigung kommt, dann wird es bestimmt eine sein, mit der wir nicht zufrieden sind."

"Die Leute haben die Nase schon voll"

Einig sind sich die beiden jedenfalls, dass man nicht ewig mit den Ortstafeln Politik machen kann - von beiden Seiten her: "Die Leute haben die Nase schon voll."

Nach dem Interview beschließen Milan und Marko, noch eine Weile im Kaffeehaus zu bleiben. Es gibt noch einiges zu besprechen - zum Beispiel, wie man die kaputte Heizung in den Klubräumlichkeiten wieder in Gang kriegen könnte. Momentan sei es sehr kalt dort, berichten sie. Zum Glück sind gerade Semesterferien. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 20.1.2009)