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Nach dem Interview-Verbot folgen jetzt Aufrufe zur Mäßigung.

Foto: AP/Rubra

Rom/Wien - Der künftige Linzer Weihbischof Gerhard Maria Wagner ist von österreichischen Bischöfen und Vatikan-Vertretern zur Mäßigung und Beendigung seines Konfrontationskurses vergattert worden. Dies ließ der Grazer Bischof und Vizepräsident der Bischofskonferenz, Egon Kapellari, Donnerstagabend zum Abschluss seines Rom-Besuchs durchklingen. Wagner verbrachte - neben einer Reihe anderer Bischöfe - die vergangenen Tage in Rom, wo ihm offenbar aufgetragen wurde, seiner neuen Funktion als Pontifex, also Brückenbauer, nachzukommen. Zuvor war über Wagner bereits eine Interview-Sperre verhängt worden.

"Um Vertrauen bitten"

"Der Bischof soll, muss und wird um Vertrauen bitten", sagte Kapellari. Der Vizepräsident der Bischofskonferenz kritisierte dabei auch die Interview-Serie Wagners, in der dieser mit äußerst umstrittenen Aussagen und konfrontativem Ton viele Katholiken provoziert und eine Kirchenaustrittswelle losgetreten hatte. Wagner habe "zugegeben nicht sehr geschickt argumentiert", so Kapellari. "Er hat gezeigt, dass er eine Pfarre von mittlerer Größe zusammenhält, aber er hat gezeigt, dass er im Bewusstsein der halbsäkularen Gesellschaft nur oberflächlich daheim ist."

Der Linzer Weihbischof müsse sich nun das Vertrauen seiner Diözese erarbeiten. "Das ist eine Vorgabe an Wagner, von Bischofskollegen, aber auch von hohen Stellen in Rom." Kritik übte Kapellari aber auch an den oberösterreichischen Dechanten, die in einer Abstimmung mit großer Mehrheit gegen Wagner rebellierten. Die Dechanten hätten "auch eine Holschuld an Information" und sollten sich nicht überschätzen. "Das Bischofsamt darf nicht demontiert werden." In Richtung beider Flügel meinte der Grazer Bischof, dass es "keine Denk- und Sprechverbote" gebe. Es sei notwendig, "Vertrauen zu geben und Vertrauen zu rechtfertigen - beide Seiten, Links und Rechts, haben eine schwere Verpflichtung".

"Keine Spiegelung der Zivilgesellschaft"

Niemand dürfe dabei jedoch "die Legitimation der kirchlichen Hierarchien bestreiten". Die katholische Kirche sei "keine Spiegelung der Political Correctness" und auch "keine Spiegelung der Zivilgesellschaft". Für die Zukunft der katholischen Kirche zeigte sich Kapellari trotz der gegenwärtigen Krise zuversichtlich. "Auch wenn Blödheiten passieren, wir werden sicher keine Sekte. Jeder, der die Kirche verlässt, ist einer zu viel, aber 70 Prozent der Österreicher sind immer noch Katholiken."

Brisant im Zusammenhang mit den zuletzt wegen der Causa Wagner angestiegenen Kirchenaustritten ist auch der Umstand, dass erst vor kurzem die Kirchenbeitragsvorschreibungen an die rund 3,7 Millionen Kirchenbeitragspflichtigen versandt worden sind. In der katholischen Kirche gibt es Sorge, dass sich das Zusammenfallen mit der aktuellen Kirchenkrise negativ auf die Beitrags- und Zahlungsmoral der Gläubigen auswirken könnte.

Die in Kirchenfragen für gewöhnlich gut unterrichtete "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) berichtete unterdessen, dass es bei der Ernennung Wagners "direkte Interventionen aus der unmittelbaren Nähe" Papst Benedikts XVI. gegeben habe. Genannte werden in diesem Zusammenhang Benedikts Privatsekretär Georg Gänswein, der erst vor kurzem mit dem "Großen Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich" ausgezeichnet wurde, sowie Georg Ratzinger, der Bruder des Papstes. Die beiden Ratzinger-Brüder nahmen vor Jahren an Treffen des konservativen Linzer Priesterkreises teil, der auch als spirituelle Basis Gerhard Maria Wagners gilt. (APA)