"Bübchen" (Filmgalerie 451, Region 2)

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"Tugend und Laster sind verwandt wie Kohle und Diamant." Das Zitat von Karl Kraus fällt in "Bübchen" eher nebenher - ein Kalenderspruch, den die Mutter vom Blatt abliest. Und doch ist dessen bestürzende Dialektik für das Debüt des deutschen Filmemachers Roland Klick bestimmend: Ein Verbrechen kommt über eine kleinbürgerliche Familie in den späten 60er-Jahren. Es bleibt umso beklemmender, als es dafür keine Motivation gibt. Achim stülpt seiner kleinen Schwester ein Plastiksackerl über den Kopf. Ihre Leiche beseitigt er kaltblütig wie ein Profi.

Die Sachlichkeit, mit der "Bübchen" (1967) - eine 20.000-D-Mark-Produktion - von einer unverständlichen Tat auf die Defekte einer Gesellschaft schließt, machte den Film zum Skandal. Dabei ist Klicks Film seiner Zeit nah wie kaum ein anderer: Die bleiernen Verhältnisse trifft er ebenso wie die Aufmüpfigkeit einer neuen Generation. Roland Klick, der später noch Filme wie "Supermarkt" oder "Deadlock" gedreht hat, ist der bekannteste Unbekannte des deutschen Kinos. "Meine Filme waren nie modern, deswegen sind sie modern geblieben", sagt er, völlig zutreffend, im DVD-Bonus-Interview. (Dominik Kamalzadeh / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.2.2009)