An den Grünen sollten sich die Regierungsparteien gelegentlich ein Beispiel nehmen, auch wenn das auf den ersten Blick nicht naheliegend erscheint. Die sagen eine Klausur einfach ab, wenn sie ahnen, dass dabei nichts herauskommen wird, was sich die Veranstalter von solchen Trommeldarbietungen erwarten. Noch ein paar solcher Regierungsklausuren wie in Sillian, und das Land ist ins Wachkoma gekuschelt. Als großer Erfolg gilt, dass man wieder einmal den Koalitionsfrieden prolongiert hat, was der raffinierten Taktik des Bundeskanzlers zu verdanken war, wie schon bei der Regierungsbildung in allem nachzugeben, was seinen Vize ein Stirnrunzeln kosten könnte.

Ergebnis ist ein ungewisses Ende der endlosen Geschichte von der Steuerreform. Zufrieden damit sind weder die Länder, die nicht mitzahlen wollen, was die Finanzierung wieder im Ungewissen lässt, noch die einzig verbliebenen Arbeitnehmervertretungen ÖGB und AK. Sie sehen - unter anderem - die Selbstständigen bevorzugt. Nun kann man über deren Förderungswürdigkeit in Zeiten wie diesen diskutieren, aber die Anhebung des Gewinnfreibetrages als Ausgleich für die steuerliche Begünstigung des 13. und 14. Monatsgehaltes zu verkaufen, spekuliert auf die Vergesslichkeit der Öffentlichkeit beziehungsweise auf die Harmoniesucht in der SPÖ. Die Begünstigung der Sonderzahlungen wurde seinerzeit nämlich schon als Ausgleich eingeführt - für die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Selbstständigen. Denen nun wieder einen Ausgleich für den Ausgleich zuzugestehen, zeigt, wer in dieser Regierung den Ton angibt. Der Versuch, den Verkehrs- und Arbeitnehmerabsetzbetrag nun gegen die steuerlichen Gestaltungsspielräume der Selbstständigen gegenrechnen zu wollen, darf in den Bereich müden Scherzens verwiesen werden.
Diese Koalition hat es, wie die vorige, noch nicht einmal geschafft, aufzuräumen, was die schwarz-blaue Koalition an Üblem hinterlassen hat. Wie soll sie da Zukunftweisendes zustande bringen? Die neuerlich auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschobene Reform der Krankenkassen ist ein typisches Beispiel dafür. In den Jahren von 2000 bis 2006 wurden den Gebietskrankenkassen an die 350 Millionen kassenfremder Leistungen aufgebürdet, damit sich die Regierung Schüssel mit fremden sozialpolitischen Federn schmücke. Jetzt die Dotierung der Kassen von deren Sparfähigkeit abhängig zu machen, wo jeder Gesundheitsexperte weiß, dass das wirkliche Einsparpotenzial dort liegt, wo sich die Regierung nicht hinzulangen traut, zeigt, wie es um die Reformkraft dieser Regierung bestellt ist.

Und als Satyrspiel auf die Klausurposse folgt nun: Staatsanwalt fordert Auslieferung des 3. Nationalratspräsidenten. Eine Spätfolge der Auslieferung von Seibersdorf an die Freiheitlichen zwecks lukrativer Versorgung unter Schwarz-Blau. Damals brauchte die ÖVP die Blauen, diesmal beförderten die Koalitionsparteien gegen heftige Bedenken Martin Graf ins Parlamentspräsidium, weil man ja nie weiß, wann man die Blauen wieder braucht. Was werden nur - unbeaufsichtigt - seine beiden fleißigen Mitarbeiter machen, sollte er ausgeliefert werden? (Günter Traxler, DER STANDARD-Printausgabe, 13. Feber 2009)