Berlin/Boston - In der neuesten Ausgabe des New England Journal of Medicine (12. Februar) beschreiben deutsche Wissenschafter von der Charité in Berlin den Fall eines HIV-Patienten mit akuter myeloischer Leukämie. Die Übertragung eines HIV-resistenten Knochenmarks führte bei ihm zu einer langfristigen Kontrolle der Aids-Erreger.

"HIV dringt in Zielzellen über die Bindung an den CD4-Rezeptor (bestimmter T-Zellen, Anm.) ein und interagiert dann mit dem CCR5- oder CXC-Chemokin-Rezeptor (CXCR4)", schreiben Wolf Hofmann und Eckhard Thiel von der Berliner Universitätsklinik.

Seit Jahren ist bekannt, dass Menschen, deren für HIV sonst empfängliche Immunzellen keinen CCR5-Co-Rezeptor aufweisen, gegen Infektionen mit dem Aids-Erreger geschützt sind. Die deutschen Wissenschafter hatten nun die Gelegenheit, bei einem 40-jährigen HIV-Patienten, der nach zehn Jahren antiviraler Therapie eine akute myeloische Leukämie (AML) entwickelt hatte, aufgrund letzterer Erkrankung den Betroffenen sozusagen mit HIV-resistentem Knochenmark zu versehen. Knochenmark mit seinen Stammzellen ist ja für die Bildung auch der weißen Blutkörperchen verantwortlich.

Virus blieb verschwunden

Der Patient bekam Stammzellen von einem Spender, die neben vielen anderen Merkmalen auf das Fehlen von CCR5-Rezeptoren ausgesucht worden waren. Das Ergebnis laut den Autoren: "Bei dem Patienten kam es zu keinem Wiederauftauchen des Virus innerhalb von 20 Monaten nach der Stammzelltransplantation obwohl die anti-retrovirale Therapie beendet worden war." Die aus den Spender-Stammzellen entstehenden Immunzellen waren ja gegen HIV geschützt.

Für die Behandlung vieler Aids-Patienten ist das derzeit kein gangbarer Weg. Nur ein Teil von ihnen ist mit Viren infiziert, die den CCR5-Co-Rezeptor aufweisen. Stammzelltransplantation mit vorheriger künstlicher Vernichtung des Knochenmarks sind riskant. Aber das Beispiel zeigt offenbar, dass die Blockade von Co-Rezeptoren oder deren Beseitigung ein Potenzial hat. Ersteres wird bei einem relativ neuen HIV-Medikament bereits ausgenützt. Eine myeloischer Leukämie ist für jeden Menschen derzeit jedenfalls viel riskanter als eine HIV-Infektion. Nur deshalb wendeten die Berliner Wissenschafter dieses Konzept an. (APA/red)