Die Thomas-Bernhard-Toilette in der Volkshochschule Hietzing kann während der Öffnungszeiten Montag bis Freitag zwischen 8 und 20 Uhr besucht und benützt werden.

Foto: Robert Streibel

Zitate aus den "Alten Meistern" zieren die Thomas-Bernhard-Toilette.

Foto: Robert Streibel

Wien – "... die Wiener Toiletten sind insgesamt ein Skandal, selbst auf dem unteren Balkan finden sie nicht eine einzige solche verwahrloste Toilette, sagte Reger. Wien hat keine Toilettenkultur, sagte er. Wien ist ein einziger Toilettenskandal...". Dem vernichtenden Urteil, das der Privatgelehrte Reger in Thomas Bernhards Roman "Alte Meister" über Wiens Bedürfnisstätten fällt, setzt die Volkshochschule Hietzing ihre nunmehr schon zweite Kunst-Toilette entgegen. Am Herrenklo im ersten Stock warten passende Zitate samt einer Kurzbiografie des vor 20 Jahren verstorbenen streitbaren Schriftstellers auf die Besucher.

"Wir haben Thomas Bernhard gelesen und ernst genommen", kommentiert der Direktor der Volkshochschule, Robert Streibel, die Initiative in Sachen "Häusl"-Kultur. Begonnen hat alles mit der Kritik an den zu engen Toiletten. Bei der Sanierung mit umweltfreundlicheren Pissoirs ist Streibel die Idee gekommen, die Toiletten zu Kunstobjekten zu erklären. "Dabei muss ein Zusammenhang von der Literatur zum Ort bestehen", so der VHS-Direktor. Im Fall der Toilette im zweiten Stock war das John Irvings Roman "Wasserlassen". Neben Roman-Passagen, in denen es um die Schwierigkeiten beim Wasserlassen geht, ließ Streibel auch gleich die Adressen von Urologen Im Bezirk an den Klowänden anbringen.

"Es geht um eine Verquickung von Umweltschutz, Literatur und Gesundheit, mit einem gewissen Augenzwinkern, aber ohne jemanden zu verspotten", betont Streibel. Auf den jüngsten Streich, die Thomas-Bernhard-Toilette, macht auch eine Ton-Installation vor der Volkshochschule aufmerksam. Kunst auf dem Klo soll übrigens nicht den Männern vorbehalten bleiben: "Es ist ein lang gehegter Plan, auch die Damentoiletten neu zu gestalten", verspricht Streibel Abhilfe. (glicka, derStandard.at, 12. Februar 2009)