Pisa/Wien - In regelmäßigen Abständen kommt die Warnung vor dem großen, weltvernichtenden Einschlag. Und tatsächlich ist die Sorge berechtigt, renommierte Astronomen sind sich sicher, dass die Gefahr aus dem All ernst genommen werden muss. Alleine schon aus statistischen Gründen muss damit gerechnet werden, dass einer der vielen, bislang unentdeckten Asteroiden eines möglicherweise gar nicht allzu fernen Tages die Erde treffen wird.

Aus diesem Grund werden die bereits bekannten Kandidaten für eine solche Kollision genauestens beobachtet. Momentan zählt der vor zehn Jahren entdeckte Asteroid 1999 RQ36 zu den potenziell gefährlichsten. Astronomen der Universität Pisa schätzen seine Bedrohung für die Erde sogar höher ein, als bisherige Berechnungen annehmen ließen - auch wenn der mögliche Einschlag erst unsere fernen Nachfahren betreffen würde.

Risikorechnungen

Die Forscher glauben, dass der Himmelskörper die Erde in den Jahren zwischen 2169 und 2199 mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu 1.400 treffen wird. Die NASA hingegen geht in ihrere Risikoberechnung vom 22. Jänner dieses Jahres von einer Wahrscheinlichkeit von maximal eins zu 3570 für eine Kollision aus; demnach würde "1999 RQ36" die Erde zu 99,972 Prozent die Erde verfehlen.

Die Gefahr ist dennoch nicht zu unterschätzen. "Bei RQ36 handelt es sich um ein relativ kleines Objekt, dessen weitere Bahn von einer Vielzahl von Störungskräften beeinflusst wird." meint Maria Firneis, Astronomin an der Universität Wien. Die Wahrscheinlichkeit für ein Zusammentreffen mit der Erde könnte somit noch steigen. "Vermutlich jedoch wird man wie in den meisten Fällen eines Tages eine Kollision ausschließen können", glaubt die Forscherin.

Um der Gefahr eines Einschlags durch 1999 RQ36 zu begegnen, sollte man dennoch bereits früh genug Vorkehrungen treffen. Eine günstige Gelegenheit, um den Asteroiden noch vom Zusammenprall mit der Erde abzuhalten, würde sich schon in wenigen Jahrzehnten ergeben, warnen die italienischen Wissenschaftler. Die Forscher sprechen sogar von einem "window of opportunity" - einer letzten Gelegenheit, um den RQ36 noch zum Umlenken zu bewegen.

Ein Kilometer reicht

Bereits zwischen 2060 und 2080 wird der Asteroid der Erde nahe kommen. In Erdnähe würde eine Ablenkung von einem Kilometer genügen, um das Zusammentreffen hundert Jahre später ausschließen zu können. Danach nämlich kommt der Himmelskörper bis zu seinem möglichen Einschlag nie wieder so nahe und müsste mindestens zehnmal weiter abgelenkt werden.

Was die Astronomen als Methoden zur Ablenkung diskutieren, klingt wie Science-Fiction: "Man überlegt, Wasserstoffbomben auf dem Asteroiden zu zünden, um ihn damit aus der Bahn zu bringen", berichtet Firneis. Zugleich müsse man aber die Gefahr ins Auge fassen, dadurch eine Sprengung des Asteroiden zu verursachen. "Somit wäre man plötzlich mit vielen kleinen Objekten konfrontiert, die man noch viel weniger kontrollieren kann." Entsprechende Tests mit Sonden seien bereits in Durchführung.

Doppelt so groß wie Apophis

Der RQ36 ist mit 560 Metern Durchmesser etwa doppelt so groß wie der bereits besser erforschte Asteroid Apophis, der laut Berechnungen im Jahr 2036 der Erde gefährlich nahe kommt. Der Einschlag von jedem der beiden Asteroiden würde aufgrund der freigesetzten Energie für die Erde verheerende Folgen haben, "Der Krater, den RQ36 auf dem Land verursachen würde, wäre rund 20 Kilometer groß. Schlägt er ins Wasser ein, würde das einen Tsunami auslösen, der weltweite Auswirkungen hätte." Ausschlaggebend für die Wirkung seien besonders der Eintrittswinkel in die Atmosphäre, die Geschwindigkeit und das Material des Asteroiden.

Bisher weiß man sehr wenig Gesichertes über Asteroiden. Etwa 40.000 größere Vertreter sind laut Firneis bisher bekannt, während kleinere täglich in die Erdatmosphäre eintreten und als Sternschnuppen in einer Höhe von rund 80 Kilometern verlöschen. Weitere Beobachtungen und zahlreiche Berechnungen seien nötig, um die Bahn von größeren Objekten zu bestimmen. Dass in den nächsten Jahren laufend neue Asteroiden entdeckt werden, die die Erdbahn kreuzen, hält die Wiener Astronomin für sicher. (pte/red)